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Landesbank-Chefökonom: Ende zunehmender Ungleichverteilung

Es ist ein viel bemühtes Bild: Die Schere zwischen Arm und Reich, die in den letzten Jahrzehnten immer weiter aufging. Künftig könnte sich das ändern, sagt ein Ökonom. Das hat auch mit einem Mangel zu tun.

Moritz Kraemer
Moritz Kraemer, Chefvolkswirt der LBBW - Landesbank Baden-Württemberg, spricht. Foto: Christoph Schmidt
Moritz Kraemer, Chefvolkswirt der LBBW - Landesbank Baden-Württemberg, spricht.
Foto: Christoph Schmidt

Die Schere zwischen Arm und Reich könnte sich aus Sicht des Chefökonomen der größten deutschen Landesbank mittelfristig wieder ein Stück weit schließen. Dass die Reallöhne angesichts der hohen Inflation sinken, halte er für ein vorübergehendes Phänomen, sagte Moritz Kraemer, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), der Deutschen Presse-Agentur. »Ich glaube, am Ende werden die Marktkräfte immer obsiegen. Und die Marktkräfte sind dergestalt, dass wir ein schrumpfendes Angebot an Arbeitskräften haben.«

Der Arbeitskräftemangel sei ein volkswirtschaftliches Problem und lasse sich auch durch Einwanderung im großen Stil nicht glaubhaft lösen, weil die Bereitschaft der Gesellschaft dafür fehle, sagte er weiter. »Und wenn sich Unternehmen fragen, wie sie Leute bekommen, dann ist eine offensichtliche Antwort: Man muss mehr bezahlen.« Auch in den sogenannten prekären Einstellungsverhältnissen werde immer mehr Knappheit existieren.

Er glaube daher, dass die Arbeitnehmer mittelfristig unterm Strich wieder mehr Geld zur Verfügung haben. Zugleich seien die goldenen Zeiten am Kapitalmarkt seit dem Ende der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank vorbei. »Also die zweistelligen Erträge auf Aktien oder Immobilien, die vor allem die Vermögenden einstreichen, werden in der Form auch nicht weiterleben.«

Das bedeute, dass die zunehmende Ungleichverteilung, die es in Deutschland in den letzten drei Jahrzehnten gegeben habe, gestoppt werde, und sich der Trend langsam umdrehe. Er könne nicht sagen, ob das schon 2023 oder 2024 der Fall sei - aber strukturell sei er sicher, dass es passieren werde. »Da sind gerade fundamentale Kräfte am Werk.«

© dpa-infocom, dpa:230102-99-75595/2