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Land will Schub für Forschung zum Rechtsextremismus

Das Land will im Kampf gegen Rechtsextremismus Maßstäbe setzen, auch in der Forschung. Dafür baut es seine Dokumentationsstelle Rechtsextremismus stark aus - und setzt auf Strahlkraft über die Landesgrenzen hinaus.

Dokumentationsstelle Rechtsextremismus
Eine Mitarbeiterin legt in der Dokumentationsstelle eine CD auf einen Tisch. Foto: Uwe Anspach
Eine Mitarbeiterin legt in der Dokumentationsstelle eine CD auf einen Tisch.
Foto: Uwe Anspach

Rechtsextreme unterwandern Kundgebungen von Impfgegnern oder organisieren Aufmärsche im Namen der Freiheit - die Dokumentationsstelle Rechtsextremismus in Karlsruhe soll das Wissen über solche Umtriebe weit über die Landesgrenzen hinaus bündeln und erweitern. »Wir wissen längst, dass Rechtsextreme nicht einfach in Springerstiefeln und mit Bomberjacken oder Glatzköpfen unterwegs sind, sondern sie kommen sehr, sehr vielgestaltig und auch unauffällig und bieder daher«, warnte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) am Montag. Der Kampf gegen Rechtsextremismus in all seinen Facetten habe höchste Priorität. »Die Dokumentationsstelle schafft die Voraussetzungen dafür, diese Dinge auf einer gesicherten Faktenlage wissenschaftlich analysieren zu können - auch über längere Zeiträume hinweg.«

Weder bei der Frage der Dokumentation und Sammlung noch bei dem Thema Forschung »sind wir in Deutschland überausgestattet, um das vorsichtig zu formulieren«, sagte Bauer. »Das, was wir hier aufbauen, wird elementar wichtig sein und über die Landesgrenzen hinweg Wirkung zeigen«, ergänzte sie auch mit Blick auf die im Südwesten geplante Forschungsstelle Rechtsextremismus. Letztere soll an einer Landesuniversität angesiedelt werden und eng mit der Dokumentationsstelle zusammenarbeiten. Die Ausschreibung dafür startet nach Worten der Ministerin demnächst.

Um die am Generallandesarchiv angesiedelte Einrichtung langfristig auf sichere Beine zu stellen, stehe künftig ein Budget von jährlich knapp 830 000 Euro zur Verfügung. Damit werden unter anderem vier Vollzeitstellen finanziert sowie in Sachmittel und auch Sicherheitsvorkehrungen am Landesarchiv investiert. Bisher kümmerten sich zwei Vollzeitkräfte um die systematische Auswertung von Zeitungen, Webseiten und sozialen Netzwerken und das einzigartige Archiv des Journalisten Anton Maegerle.

Der Experte für Rechtsextremismus hatte der Dokumentationsstelle rund 2500 Ordner mit Material zu dem Thema geschenkt. Hinzu kommen nach Worten von Wolfgang Zimmermann, Archivdirektor am Landesarchiv, zwei Millionen Dateien mit Rechercheergebnissen. Maegerles Archiv bildet den Kern der Dokumentationsstelle. Inzwischen kam auch der Nachlass von Odfried Hepp, Aussteiger aus der rechtsextremen Szene und Stasi-Informant, hinzu.

Der Fokus der Karlsruher Stelle liege aber auch auf neueren Formen rechten Denkens, wie sie bei den sogenannten Reichsbürgern, Querdenkern oder in Verschwörungsmythen vorkommen. Langfristig soll die Stelle zu einem der größten Archive zu rechtsextremistischen Dokumenten werden.

Inzwischen gibt sie auch das Journal »Rechts.Geschehen« heraus. Die erste Ausgabe war im November 2021 vorgestellt worden, die zweite erschien im März dieses Jahres. Darin wird beispielsweise über die Aktivitäten rechter Netzwerke berichtet. Ein Themenschwerpunkt lag auf den Corona-Protesten, die von Rechtsextremen instrumentalisiert werden. Unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit werde aus der rechtsextremen Ecke der Diskurs des Sagbaren systematisch verschoben, sagte Bauer. Im Kern aber bleibe sich der Rechtsextremismus gleich - »nämlich im Hass auf das Andere«.

Infos zur Dokumentationsstelle

Link zur zweiten Ausgabe des Journals »Rechts.Geschehen«

Link zur ersten Ausgabe des Journals »Rechts.Geschehen«

© dpa-infocom, dpa:220328-99-700217/4