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Land und Kommunen vertagen: Annäherung bei Flüchtlingskosten

Um die Krise besser abzufedern, nimmt das Land im nächsten Jahr neue Schulden auf. Davon dürften auch die Kommunen profitieren. Sie pochen vor allem auf Hilfe bei den Kosten für Geflüchtete.

Land und Kommunen haben sich bei ihren Finanzverhandlungen am Montagabend verhakt und schließlich vertagt. Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) erklärte in der Nacht nach der etwa sechsstündigen Sitzung in Stuttgart: »Wir wussten alle, dass es dieses Jahr nicht ganz einfache Verhandlungen in der Gemeinsamen Finanzkommission werden. Wir konnten zahlreiche kommunale Themen aufarbeiten, unser gemeinsames festes Ziel ist es, die noch ausstehenden Fragen und Themen zu einer guten Lösung zu bringen.« Einen Termin für die nächste Sitzung gibt es noch nicht.

Der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Alexis von Komorowski, sprach von einer »konstruktiven Verhandlungsrunde«. Beide Seiten bemühten sich, auch bei der Verteilung der Kosten für Geflüchtete zu einer baldigen Lösung zu kommen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Dem Vernehmen nach ist man bei den Flüchtlingskosten nicht so weit voneinander entfernt. Die Kommunen wollten eigentlich alle Kosten vom Land erstattet bekommen. Das Land will jedoch nur eine Pauschale zahlen.

Es geht vor allem um die 138.000 ukrainischen Flüchtlinge im Südwesten. Hintergrund ist, dass die ukrainischen Geflüchteten seit dem 1. Juni Hartz-IV-Leistungen erhalten und nicht mehr als Asylbewerber eingestuft werden. Durch diesen Systemwechsel entsteht bei den Kommunen ein weiterer Finanzbedarf. Es geht hier dem Vernehmen nach um einen hohen dreistelligen Millionenbetrag.

Das Land ist unter Druck, weil der Bund deutlich weniger Geld zur Verfügung stellt als von den Ländern gefordert. Baden-Württemberg erhält aus Berlin im kommenden Jahr zusätzlich 197 Millionen Euro für Flüchtlinge aus der Ukraine, die Kosten werden aber auf ein Vielfaches geschätzt. Außerdem hat der Bund für das nächste Jahr eine allgemeine flüchtlingsbezogene Pauschale zugesagt, von der das Land 164 Millionen Euro bekommen soll. Nach Angaben des Migrationsministeriums in Stuttgart sind in diesem Jahr neben den Geflüchteten aus der Ukraine bisher 22.000 Asylsuchende nach Baden-Württemberg gekommen.

Das Land hatte vor kurzem angekündigt, im kommenden Jahr neue Schulden in Höhe von 1,25 Milliarden Euro aufnehmen zu wollen. Hier nutzt das Finanzministerium eine Klausel in der Schuldenbremse, wonach sich das Land wegen der trüben Konjunkturprognose neue Kredite besorgen kann. Davon dürften nun auch die Kommunen profitieren.

In dem Gespräch am Montagabend ging es auch um die Forderung von Städte-, Gemeinde- und Landkreistag, bürokratische Hürden und staatliche Vorgaben abzubauen. Die Chefs der Kommunalverbände wollen, dass das Land einen »Zukunftskonvent« einberuft. Zuletzt hatten sie in einem gemeinsamen Brief mit mehreren Wirtschaftsverbänden an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geschrieben: »Die Zeit eines ungebremsten Draufsattelns bei Standards, Rechtsansprüchen und staatlichen Leistungszusagen ist vorbei.« Doch über die Frage, mit welchem Format man dieses Thema angehen könnte, gab es zwischen den Vertretern von Land und Kommunen keine Einigkeit.

Bei den Verhandlungen waren für das Land neben Bayaz auch der Chef der Staatskanzlei Florian Stegmann (Grüne) sowie auf Seiten der Kommunen Städtetagspräsident Peter Kurz, Gemeindetagschef Steffen Jäger und für den Landkreistag Joachim Walter dabei.

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