STUTTGART. Tausende gut integrierte, aber abgelehnte Asylbewerber in Baden-Württemberg werden in den kommenden Wochen Post von der Landesregierung bekommen. Mit den Schreiben soll den insgesamt rund 10.000 Männern und Frauen nach Angaben von Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) geholfen werden, trotz des negativen Asylbescheids eine Perspektive in Baden-Württemberg zu bekommen.
»Wir haben uns im Koalitionsvertrag geeinigt, Menschen in Beschäftigung unter bestimmten Umständen Bleibeperspektiven aufzuzeigen«, sagte Lorek der Deutschen Presse-Agentur dpa. »Deshalb wollen wir geduldete Menschen nun aktiv über konkret bestehende Bleiberechtsoptionen informieren. Und zwar bevor eine Abschiebung droht.« Sie sollen zudem darauf hingewiesen werden, dass sie sich an die Härtefallkommission wenden können.
Abschiebung ausgesetzt
Wer einen festen Job hat, seinen Lebensunterhalt über einen längeren Zeitraum selbst bestreitet und Deutsch spricht, kann eine sogenannte Beschäftigungsduldung für 30 Monate erhalten. In dieser Phase ist die Abschiebung ausgesetzt. Nach Ablauf der Frist wäre es auch möglich, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Straftaten dürfen die Kandidaten nicht begangen haben.
Damit diese Regelung nicht als Einladung für Migranten aus aller Welt verstanden wird, bleibt sie nach Angaben Loreks auf Altfälle beschränkt. Nur wer vor dem 1. August 2018 eingereist ist, kann die »Beschäftigungsduldung« erhalten. Eine verlässliche Bleibeperspektive oder Duldung erhalten außerdem Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis, die eine Ausbildung angefangen haben.
Nach Angaben des Migrationsstaatssekretärs werden die rund geduldeten 10 000 beschäftigten Männer und Frauen vom Regierungspräsidium Karlsruhe angeschrieben und gebeten, Dokumente vorzuweisen, damit geprüft werden kann, ob sie eine Beschäftigungsduldung oder eine Ausbildungsduldung erhalten können. »Wir stellen oft fest, dass Gründe für ein Bleiberecht nicht vorgetragen werden«, sagte Lorek. »Man ist zwar nach dem Ausländergesetz verpflichtet, das mitzuteilen, das machen aber viele nicht.«
30.000 Menschen geduldet
Nicht selten treffe es engagierte und integrierte Menschen, die nach Ansicht Loreks eine Chance verdient haben. »Wenn jemand 2015 oder 2016 nach Deutschland kam und nicht in seine Heimat zurückgeführt wurde, weil damals viele Menschen zu uns gekommen sind und die Verfahren lange gedauert haben, wenn er nun fünf, sechs Jahre alles gemacht hat, was wir gesagt haben, Deutsch gelernt, sich integriert, eine Beschäftigung gesucht und gefunden, wenn er für seinen Lebensunterhalt aufkommt, dann hat er die Chance meines Erachtens genutzt«, sagte Lorek. Erfüllten Menschen die Voraussetzungen für ein Bleiberecht, müssten ihnen auch die Möglichkeiten aufgezeigt werden. »Aber wer hierherkommt und Straftaten begeht, der gehört nicht zu diesem Kreis«, sage Lorek.
In einem zweiten Schritt der Info-Offensive sollen die 137 unteren Ausländerbehörden die langjährig Geduldeten beraten. Dies falle allerdings wegen der Pandemie noch schwer, daher verzögere sich dieses Projekt. Insgesamt werden in Baden-Württemberg derzeit rund 30.000 Menschen geduldet. (dpa)
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