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Kretschmann dämpft Hoffnung auf Lockerung des Lockdowns

Der nervenzehrende Corona-Lockdown dauert noch eineinhalb Wochen - aber was dann? Der Ministerpräsident ist besorgt, weil die Zahl der Infektionen kaum mehr sinkt. Es gebe noch immer zu viele Kontakte.

Winfried Kretschmann (Grüne)
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: dpa/Murat
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Foto: dpa/Murat

STUTTGART. Gut eine Woche vor der nächsten Bund-Länder-Runde zur Corona-Krise hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Hoffnungen auf eine Lockerung des harten Lockdowns nach dem 14. Februar gedämpft. Öffnungen könne es nur geben, wenn der sogenannte Inzidenzwert auf unter 50 falle, sagte der Regierungschef am Dienstag in Stuttgart. »Wenn wir in deren Nähe nicht kommen, wird das eher zu Verlängerungen führen.« Die Menschen müssten ihre Kontakte noch stärker reduzieren. »Unter 50 kann man anfangen, sinnvolle Öffnungsstrategien zu debattieren.«

Nächste Woche Mittwoch wollen die Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) darüber sprechen, ob der seit dem 16. Dezember geltende Lockdown mit vielen geschlossenen Geschäften und Schulen sowie Kitas im Notbetrieb über den 14. Februar hinaus verlängert wird. Kretschmann sprach sich dagegen aus, dass Länder hier einen Sonderweg gehen. Für die Akzeptanz der Menschen sei es wichtig, dass man so gut wie möglich zusammenbleibe.

Der Südwesten schneide mit einem Wert von 74,2 bei den Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen pro 100 000 Einwohner am besten von den 16 Bundesländern ab, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne). Kurz vor Weihnachten lag diese Sieben-Tage-Inzidenz im Land bei über 200. Kretschmann betonte allerdings, der Inzidenzwert sinke seit Tagen kaum mehr. »Ich sehe mit einer gewissen Besorgnis, dass wir uns im Moment gerade wieder in einer Seitenbewegung befinden.« Er fügte hinzu: »Die Unsicherheit bleibt.« In einer Pandemie sei es schwer zu planen.

Nach dem Impfgipfel ist vor dem nächsten?

Nach dem Impfgipfel auf Bundesebene am Montag forderte die Südwest-SPD von Kretschmann jetzt auch ein Spitzentreffen im Land. Man habe der Überforderung von Lucha nun lange genug zugeschaut, sagte SPD-Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch. »Corona und die Impfungen müssen in Baden-Württemberg endlich Chefsache werden.« Es müsse Schluss sein mit dem »Gewurstel«, es brauche mehr Klarheit und Information für die Menschen.

Kretschmann zeigte sich skeptisch, was ein solches Treffen bringen solle. »Ich habe allmählich ein Problem mit diesem Wort Gipfel«, sagte der Grüne. Von einem Gipfel erwarte doch jeder große Lösungen. Schon beim Bundes-Impfgipfel sei vorher klar gewesen, dass man die Verzögerung beim Impfen nicht lösen könne. »Wir haben einen Mangel an Impfstoff und nicht an Gremien und Sitzungen.« Auch der Gipfel am Montag habe ihm keine neuen Erkenntnisse gebracht. Klar sei: Für das erste Quartal ist die Knappheit der Impfstoffe nicht behebbar, im zweiten Quartal werden sich die Lage entspannen.

Ein »Recall«-System soll Telefon-Frust beseitigen

Ein anderes Problem will die Landesregierung aber jetzt angehen: Nach der heftigen Kritik an langen Wartezeiten am Servicetelefon und an erfolglosen Terminvereinbarungen für eine Impfung soll die Strategie geändert werden. Minister Lucha erklärt, von Montag an solle ein sogenanntes Recall-System angeboten werden. Wer einen Termin haben wolle, werde dann registriert und bekomme diesen später mitgeteilt. Anrufer müssten sich also nicht ein zweites Mal bemühen. Das System solle genutzt werden, solange es einen Mangel an Impfstoff gebe.

Vor allem die Corona-Hotline 116 117 ist seit Wochen komplett überlastet, auch eine Terminvereinbarung ist schwer, zumal deutlich weniger Impfstoff zur Verfügung steht als erwartet. Kretschmann (Grüne) zeigte Verständnis für die Kritik: »Ich verstehe natürlich, dass das an den Nerven zehrt, wenn man keinen Termin bekommt, dass die Leute da gefrustet sind und teilweise wütend.« Es würden allerdings teilweise 300 000 Anrufe in nur einer Stunde auf der zentralen Hotline registriert.

Kretschmann betonte, an das Impf-Prioritäten festhalten zu wollen. »Ich werde mich an diese Vorgaben halten. Alles andere führt zu schwer bewältigbaren Debatten.« Er fügte hinzu: »Wenn man das macht, öffnet man die Tür für Beschwerde anderer.« Zu der Frage, ob er eine moralische Pflicht sehe, sich impfen zu lassen, sagte der Grüne: »Wenn die Voraussetzung gegeben ist, ist es schon angesagt sich impfen zu lassen auch im Interesse anderer.«

Kretschmann ruft streitende Minister zur Räson

Der offene Schlagabtausch zwischen Lucha und Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) über Kitas und die Corona-Teststrategie vergangene Woche erinnerte daran, dass ja Wahlkampf ist vor der Landtagswahl am 14. März. Kretschmann wollte dem aber nicht länger zusehen und bestellte die beiden ein. »Es ist mir gelungen, das zu strukturieren.« Er zeigte sich zuversichtlich, dass es gelingen werde, die Testmöglichkeiten an Kitas und Grundschulen im Fall einer Öffnung nach dem Corona-Lockdown auszuweiten. »Das wird schon hinhauen.«

Eisenmann, die auf eine rasche Öffnung von Kitas und Grundschulen dringt, hatte vergangene Woche insbesondere auf Luchas Forderung nach einer Einschränkung der Notbetreuung erbost reagiert. Zudem hatte Eisenmann ihrem Ministerkollegen vorgehalten, nicht genügend Corona-Testmöglichkeiten zu bieten, vor allem für Lehrkräfte und Erzieherinnen, aber auch für Berufsgruppen wie Polizisten oder Supermarktkassiererinnen. (dpa)