Logo
Aktuell Land

Kontroverse um Fahrverbote: Grün-Schwarz steht zusammen

Die grün-schwarze Regierung spricht beim Thema Fahrverbote für Diesel nicht mit einer Stimme. Die Opposition lockt die CDU - vergeblich, auch wenn dazu einige verbale Verrenkungen nötig sind.

Straßenschild zum Diesel-Fahrverbot
Schilder an einer Straße weisen auf geplante Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge hin. Foto: Christoph Schmidt/Archiv
Schilder an einer Straße weisen auf geplante Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge hin. Foto: Christoph Schmidt/Archiv

Stuttgart (dpa/lsw) - Trotz unterschiedlicher Auffassungen zu Diesel-Fahrverboten steht die grün-schwarze Koalition von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zusammen. Ihre Vertreter sprachen am Mittwoch in Landtag zwar nicht ganz mit einer Zunge: Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und Grünen-Politiker Daniel Renkonen verteidigten die Verbote und verwiesen auf die geltende Rechtslage und einschlägige Gerichtsurteile. CDU-Politiker Thomas Dörflinger forderte hingegen ein Moratorium für die Stickoxid-Grenzwerte, die die Grundlage für die Verbote bilden.

Der Opposition gelang es aber nur bedingt, einen Keil in die Regierungsfraktion zu treiben. Letztlich versammelten sich Grüne und CDU hinter einem gemeinsamen Antrag. Dort ist von einem Moratorium keine Rede. Es heißt darin nur, dass alle Maßnahmen umzusetzen seien, um die Luftqualität zu verbessern und Fahrverbote zu vermeiden. SPD-Verkehrsexperte Martin Rivoir bemerkte: »Für diesen Antrag haben Sie einen ganzen Tanklastzug Lenor gebraucht, um ihn weichzuspülen.«

Die Oppositionsfraktionen SPD und FDP versuchten vergeblich, die CDU auf ihre Seite zu ziehen. Die Liberalen forderten in ihrem Antrag, die Landesregierung solle vom Bund die Voraussetzungen für ein Fahrverbotsmoratorium einfordern. Ziel dieser Maßnahme solle die Aussetzung des in Stuttgart bestehenden Fahrverbots sein. Die SPD wiederum sprach sich dafür aus, im Luftreinhalteplan für Stuttgart bis 2020 keine weiteren Fahrverbote vorzusehen.

Diesen beiden Anträgen verweigerte die CDU-Fraktion aber ihre Zustimmung. Dabei hatte die Landespartei erst am vergangenen Wochenende gefordert, die in Stuttgart bereits geltenden Fahrverbote für Diesel der Euronorm 4 und schlechter auszusetzen, solange die Stickoxid-Grenzwerte und die Standorte für die Messstationen überprüft werden. Hätte die CDU mit der Opposition gestimmt, wäre Kretschmanns Regierung wohl in eine schwere Krise geraten.

Die Debatte über Stickoxid-Grenzwerte war durch Aussagen von mehr als hundert Lungenärzten in Fahrt gekommen, wonach die Grenzwerte einer wissenschaftlichen Grundlage entbehrten. Jedoch vertritt insgesamt nur eine Minderheit der Pneumologen diese Meinung. Die Grenzwerte wurden in Brüssel festgesetzt. Dass die Europäischen Union sie kurzfristig ändert, ist so gut wie ausgeschlossen. Die EU-Kommission müsste einen Vorschlag zur Änderung der Luftqualitätsrichtlinie machen, der dann mit den Mitgliedsstaaten im Rat und mit dem EU-Parlament abgestimmt werden müsste. Selbst die Werte heraufsetzen, kann Deutschland nicht.

In Stuttgart gelten seit dem Jahresbeginn Fahrverbote für Diesel der Euronorm 4 und schlechter. Zudem drohen Fahrverbote für Diesel der Euronorm 5, wenn die Luft nicht deutlich sauberer wird. Nach Meinung von FDP-Politiker Jochen Haußmann ist es aber überzogen, die gesamte Umweltzone zum Sperrbezirk für alte Diesel zu erklären. Die FDP hält die Fahrverbote für unsozial, wirtschaftsfeindlich und ökologischen Unsinn. Ähnlich äußerte sich der AfD-Politiker Hans Peter Stauch. Er hielt Grünen und CDU eine »Verkehrsbehinderungspolitik« vor. (dpa)