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Kaum Fortschritte: Grün-Schwarz hält an Ziel für ÖPNV fes

Verkehrswende im Autoland: Geht das überhaupt? Der grüne Minister Hermann rackert und radelt, doch so richtig geht es nicht voran. Und ob er diesmal genug Geld für seine Projekte bekommt, ist alles andere als sicher.

Öffentlicher Personennahverkehr
Eine Straßenbahn fährt in Stuttgart neben einer Autostraße. Foto: Bernd Weißbrod
Eine Straßenbahn fährt in Stuttgart neben einer Autostraße.
Foto: Bernd Weißbrod

Trotz nur langsamer Fortschritte beim Umstieg vom Auto auf Busse und Bahnen hält die grün-schwarze Regierung an ihrem Ziel einer Verdopplung der Fahrgastzahlen im öffentlichen Nahverkehr bis 2030 fest. »Da sind wir nicht gut vorangekommen. Da müssen wir uns gewaltig anstrengen«, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. »Wir werden das Ziel nicht erreichen, wenn wir jetzt nicht nochmal einen Zahn zulegen.« Es stimme ihn aber hoffnungsvoll, dass die Regierung grünes Licht für die weitere Umsetzung der ÖPNV-Strategie 2030 gegeben habe und damit das Ziel der Verdopplung der Fahrgastzahlen fest verankert habe.

Der Grünen-Politiker räumte ein, dass damit noch nicht die Finanzierung des geplanten Maßnahmenbündels sichergestellt sei. Hermann erklärte, er konzentriere sich auf die Maßnahmen, die dem zentralen Ziel der Koalition nützen: dem Klimaschutz. Klar sei aber eben auch: »Es wird keinen Klimaschutz geben ohne Verkehrswende.« Er werde auf die nötigen Investitionen in den Haushaltsverhandlungen pochen. Es sei aber eben so wichtig, das jeder einzelne umdenke und sein Auto öfter stehen lasse. »Zum Fahrradfahren braucht man kein Geld, da kann man einfach aufsteigen.«

Für die Verdopplung der Fahrgastzahlen muss die Regierung noch einiges tun. Legt man die jüngsten Zahlen des Statistischen Landesamts zugrunde, betrug die Beförderungsleistung in Baden-Württemberg im Jahr 2010 etwa 8,6 Milliarden Personenkilometer und im Jahr 2019 ungefähr 9,4 Milliarden Personenkilometer. Hermann, der seit elf Jahren Verkehrsminister im Land ist, sagte dazu: »Infrastrukturausbau kostet Zeit.«

Ein wichtiger Hebel, um das Angebot auszubauen, sei die im Koalitionsvertrag geplante »Mobilitätsgarantie«. Das Konzept sieht vor, dass alle Orte im Südwesten von 5.00 Uhr früh bis Mitternacht mit dem ÖPNV erreichbar sein sollen. Hermann bekräftigte, in dieser Wahlperiode bis 2026 wolle man es schaffen, dass im ländlichen Raum in den Hauptverkehrszeiten der Halbstundentakt gilt und im Ballungsraum der Viertelstundentakt. In der zweiten Stufe bis 2030 soll dann den ganzen Tag gelten, dass im Ballungsraum der Viertelstundentakt gemacht wird und in dem ländlichen Raum der Halbstundentakt.

Im Endausbau würde die »Mobilitätsgarantie« etwa 600 Millionen Euro kosten. Um das Vorhaben zu finanzieren, will das Land unter anderem den Kommunen die Möglichkeit geben, eine Nahverkehrsabgabe einzuführen. Dann könnten die Kommunen entscheiden, ob sie alle Einwohner oder nur die Autofahrer zur Kasse bitten.

Der Präsident des Landkreistags, Joachim Walter, erklärte, die Kommunen unterstützten die Ziele des Landes beim Ausbau von Bussen und Bahnen und seien bereit, ihren Beitrag zu leisten. »Für die kommunale Seite steht dabei allerdings fest, dass die Finanzierungsverantwortung für die Sicherstellung der Mindeststandards und damit auch für eine künftige Mobilitätsgarantie beim Land liegt.« Man erwarte, dass der Finanzbedarf ausgehend von den Ergebnissen der aktuell laufenden Modellrechnungen beziffert werde und in hinreichendem Umfang Eingang in den Doppeletat finde.

Koalitionsvertrag, Mobilitätspass und -Garantie, S. 126/127

Gutachten zum Mobilitätspass von Nov. 2020

ÖPNV-Strategie 2030

Kfz-Zulassungen in Baden-Württemberg

© dpa-infocom, dpa:220510-99-231777/4