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Hauk: Mehr Lebensmittel anbauen im Kampf gegen Hungerkrise

Der Krieg in der Ukraine hat weltweite Folgen auf Preise und auch auf Lebensmittelmengen. Während Deutschland ausreichend versorgt ist, sind vor allem nordafrikanische Staaten in Not. Deshalb müsse man umdenken, fordert Agrarminister Hauk. Es gibt aber auch Kritik daran.

Peter Hauk
Peter Hauk, Landwirtschaftsminister von Baden-Württemberg. Foto: Marijan Murat
Peter Hauk, Landwirtschaftsminister von Baden-Württemberg.
Foto: Marijan Murat

Wegen der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs muss es Landwirten aus Sicht des baden-württembergischen Agrarministers Peter Hauk (CDU) erlaubt werden, neben Futter auch Lebensmittel auf zusätzlichen Flächen anzubauen. »In dieser Situation, wo jeder einen Beitrag leisten muss, da kann man sich nicht einfach zurücklehnen und sich auf seine Ideologie berufen«, sagte Hauk am Donnerstag in Stuttgart. Ökologische Vorrangflächen sind für Umweltmaßnahmen wie Blühstreifen, Zwischenfrüchte oder Brachflächen vorgesehen.

Er sei überzeugt, dass Natur- und Artenschutz nicht unter einer solchen Regelungen leiden würden, sagte Hauk. »Aber einfach zu sagen, ich reagiere nicht, Entschuldigung, das ist ein Schlag ins Gesicht für jeden, der außerhalb Europas und vor allem in Nordafrika wohnt«, betonte er. Deutschland sei für jeden einzelnen Hungertoten mit verantwortlich, wenn es nicht handele. »Davon bin ich felsenfest überzeugt.«

Da die Ukraine ein großer Agrarproduzent ist und durch den Krieg Ausfälle zu erwarten sind, werden steigende Preise für Lebensmittel und Energie, aber auch drastische Engpässe bei Nahrungsmitteln in Entwicklungsländern befürchtet. Mit den Auswirkungen des Kriegs wollte sich am Donnerstag auch die Konferenz der Agrarminister von Bund und Ländern befassen. Es besteht die Sorge, dass die weltweite Ernährungssicherheit nicht gewährleistet ist. Vor allem die Nutzung von Brachflächen für die Landwirtschaft wird daher ein wichtiges Thema sein.

Der Naturschutzbund Deutschland bezweifelt allerdings, dass ein auch von Hauk ins Spiel gebrachtes Aussetzen bei den Stilllegungsflächen folgenlos für den Natur- und Artenschutz bleiben könnte. »Was wir jetzt brauchen ist nicht weniger, sondern mehr Ökologie in der Landwirtschaft«, sagte der Nabu-Landesvorsitzende Johannes Enssle. »Denn wenn die Insekten verschwinden, verschwinden über kurz oder lang auch wir Menschen.« Wichtiger sei es, die Lebensmittelverschwendung zu bremsen. »80 Prozent des Getreides dient nicht der menschlichen Ernährung, sondern wird in Deutschland derzeit vor allem zu Tierfutter oder Sprit verarbeitet oder landet im Müll« sagte Enssle. »Wir haben kein Versorgungs-, sondern ein Nutzungsproblem.«

Zuvor hatte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir angekündigt, er wolle die ökologischen Vorrangflächen für die Futternutzung freigeben. Das solle auch dazu beitragen, die Preissteigerungen auszugleichen. In diesem Jahr dürften ausnahmsweise Gras und Pflanzen von bestimmten »ökologischen Vorrangflächen« als Futter genutzt werden. Er wandte sich aber gegen weitergehende Forderungen, dort etwa auch Pflanzenschutzmittel einzusetzen oder Getreide anzubauen. Die Böden seien teils nicht dafür geeignet. Bedeutendere Flächen für die Nahrungsproduktion seien derzeit etwa für die Produktion von Agrosprit belegt oder würden versiegelt, sagte der Grünen-Politiker.

© dpa-infocom, dpa:220331-99-747205/4