Logo
Aktuell Land

»Gutachteritis«: Ruf nach Ausgabenlimit für Berater

Ministerien haben oft Hunderte hoch bezahlte Experten zur Verfügung. Dennoch werden Gutachten gerne an externe Berater delegiert. Das sorgt für Ärger in den Reihen der Opposition im Landtag und bei Finanzkontrolleuren.

Rechnungshof Baden-Württemberg
Der Rechnungshof in Karlsruhe. Foto: Uli Deck
Der Rechnungshof in Karlsruhe.
Foto: Uli Deck

Nach Auffassung der FDP im Landtag vergeben die Ministerien im Südwesten zu viele Gutachten an externe Sachverständige - zu Lasten der Steuerzahler. »Wir fordern deshalb einen Deckel von zehn Millionen Euro im Jahr«, sagte Fraktionschef Ulrich Rülke der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Ein solches Limit entspräche einer Halbierung der bisherigen Ausgaben. So zahlten Ministerien nach Angaben des Staatsministeriums 2019 für Hilfe von außen 20,2 Millionen Euro und 22,3 Millionen Euro im Jahr 2020.

Die Zahl der 2017 ausgelagerten Expertisen hatte demnach 409 betragen - 2020 waren es 542. »Die sogenannten Eigenerledigungen müssten gestärkt und Kernaufgaben für die interne Bearbeitung definiert und innerhalb der Häuser erfüllt werden«, verlangte Rülke. »Zur Not müssen mehr Fortbildungsangebote her.«

Auch der Bund der Steuerzahler ist dafür, gegen ausufernde Fremdvergaben eine Kostengrenze von zehn Millionen Euro einziehen. Auf mehrmalige Ermahnungen des Landtags zu mehr Kostendisziplin habe Grün-Schwarz nicht reagiert. Verbandschef Eike Möller sagte: »Die Gutachteritis grassiert weiter, die Steuerzahler werden weiter zur Kasse gebeten.«

Allerdings hieß es in einer Antwort des Landesregierung auf eine FDP-Anfrage im vergangenen Jahr: »Die Landesregierung ist bestrebt, externe Beratungsleistungen in Zahl und finanziellen Volumen auf das unbedingt notwendige Maß zu begrenzen.« Außerdem gebe es ein Raster zur öffentlichen Vergabe, mit dem auch die Übernahme von Aufgaben auf andere Ressorts geprüft werden könne. Aktuell wollten weder Finanz- noch Staatsministerium zu den Vorwürfen Stellung beziehen.

Im Jahr 2020 gab das Innenministerium nach Angaben des Staatsministeriums rund 5,5 Millionen Euro für Beratungsleistungen aus. Es folgten das Wissenschafts- sowie das Verkehrsministerium mit 5,4 Millionen Euro beziehungsweise 5,2 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor hatte das Wissenschaftsministerium mit 7,8 Millionen Euro an der Spitze vor dem Innenministerium mit 4,6 Millionen Euro und dem Verkehrsministerium mit 3 Millionen Euro gelegen.

Auch aus Sicht des Rechnungshofes Baden-Württemberg hat die Landesregierung beim Sparen von Gutachterkosten ihr Hausaufgaben nicht gemacht. Zwar seien das Berater- und Gutachterwesen seit 2016 nicht mehr umfassend geprüft worden; aber man habe die Entwicklung anhand der Berichterstattung der Landesregierung beobachtet. »Diese zeigt, dass die Anliegen des Rechnungshofs - externe Beratungsleistungen reduzieren, Eigenerledigung ausweiten, vorhandenes Fachwissen ressortübergreifend nutzen - nach wie vor aktuell sind«, heißt es von der Karlsruher Behörde.

Auch der Beamtenbund sieht noch Raum für mehr intern vergebene Expertisen. »Von der extrem hohen Kompetenz der Beamten in den Ministerien her könnten wir uns viele externe Gutachten sparen und damit auch den Steuerzahler entlasten«, meint Landeschef Kai Rosenberger. Die Hausspitzen müssten vor jeder Ausschreibung und Vergabe prüfen, ob die eigenen Leute dies nicht schneller, besser und günstiger erledigen könnten. Zuweilen werde Personalmangel als Grund für die Vergabe nach außen angeführt. In einem solchen Fall müssten die Beamten das Alltagsgeschäft zurückstellen.

FDP-Anfrage zur Sicherheitsagentur

© dpa-infocom, dpa:221220-99-963954/2