Seine Zielsetzung formulierte Trainer Christian Streich vom SC Freiburg unmissverständlich und klar. Er und seine Spieler seien es dem etwa 600-köpfigen Reisetross schuldig, auch im letzten Gruppenspiel der Europa League bei Karabach Agdam am Donnerstag (18.45 Uhr/RTL+) »alles zu geben«. Dabei reist der Sport-Club ohne Druck in die Hauptstadt Aserbaidschans nach Baku, denn der Gruppensieg ist dem Dritten der Fußball-Bundesliga nicht mehr zu nehmen.
»Wir haben uns eine besondere Konstellation erspielt«, sagte der Coach einen Tag vor der Partie. »Wir haben schon vor unserem letzten Spiel den ersten Platz sicher. Für die anderen Teams geht es aber um etwas, deswegen gehen wir auf den Platz und werden alles geben.«
Der Meister aus Aserbaidschan hat das Weiterkommen als Zweiter der Gruppe G in der eigenen Hand. Einziger Konkurrent im Kampf um den Einzug in die nächste Runde ist der FC Nantes. Der französische Pokalsieger tritt im Parallelspiel bei Olympiakos Piräus an, muss aber auf Schützenhilfe des Sport-Clubs hoffen.
Dieser tritt die Reise ohne Manuel Gulde, Jonathan Schmid und Merlin Röhl an. Das bedeutet, dass sich der Kader der Freiburger zwar kaum verändert. Im Vergleich zu den zurückliegenden Aufgaben dürfte es in der Startelf aber sehr wohl Wechsel geben. »Es ist nicht so wichtig, wer spielt. Sondern wie die einzelnen Spieler als Individualisten ihre Stärken in die Mannschaft einbringen«, sagte Streich.
Es sei in diesen Tagen ein Balanceakt zwischen physischer und psychischer Frische, gestand Mittelfeldspieler Yannik Keitel. »Körperlich sind wir dank der Vorbereitung ziemlich fit. Wichtig ist es, dass wir auch geistig fit sind. Wir wollen gewinnen.« Streich ergänzte: »Was uns hilft, sind Erfolgserlebnisse und die haben wir. Wenn man verliert, ist es schwieriger.«
Verloren haben die Freiburger in dieser Saison erst zwei Mal und zwar gegen die Bundesliga-Spitzenteams Borussia Dortmund (1:3) und FC Bayern München (0:5). Ansonsten zeigen die Breisgauer Woche für Woche reife Leistungen und in Baku soll die Gruppenphase ohne Niederlage abgeschlossen werden. »Die Europa League ist ein Riesenereignis«, sagte Keitel. »In Aserbaidschan war ich noch nie. Wir wollen das Spiel zu 100 Prozent für uns entscheiden. Das wird eine besondere Reise.«
Auch, weil es in ein Land geht, in dem seit Jahrzehnten gekämpft wird. Normalerweise vertritt Streich bei gesellschaftspolitischen Themen eine klare Haltung. Wohl auch wegen des vollen Spielplans wich er von seiner Linie etwas ab. »Ich weiß um den Konflikt mit Armenien. Es gibt ja einen Grund, warum Karabach in Baku spielt. Aber detailliert habe ich mich diesmal damit nicht auseinandergesetzt«, sagte Streich über die Ex-Sowjetrepubliken, die sich wegen des Gebiets Berg-Karabach bekriegen.
Streich hat in diesen Tagen schlichtweg wenig Zeit, um sich mit diesen Spannungen zu beschäftigen. In Baku bestreitet der SC schon sein 20. Pflichtspiel in dieser Saison. Bis zur WM-Pause Mitte November stehen nach dem Karabach-Spiel noch drei weitere Begegnungen in der Bundesliga auf dem Programm. Erst danach haben Streich und ein Teil seiner Spieler etwas Ruhe, um endlich durchzupusten. Bis dahin wollen die Freiburger weiter auf der Erfolgswelle reiten.
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