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FDP will Ermittlungen wegen Geheimnisverrats gegen Strobl

Erst eine Strafanzeige, jetzt eine Klage: Die FDP will sich nicht damit abfinden, dass das Innenministerium Ermittlungen gegen den eigenen Minister blockieren kann. Es geht um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens an die Presse und den Vorwurf Geheimnisverrat.

Landesinnenminister Strobl
Thomas Strobl nimmt an einer öffentlichen Sitzung des Innenausschusses im Landtag teil. Foto: Marijan Murat
Thomas Strobl nimmt an einer öffentlichen Sitzung des Innenausschusses im Landtag teil.
Foto: Marijan Murat

Die FDP-Landtagsfraktion will gegen das Nein des Innenministeriums zu Ermittlungen wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen gegen Minister Thomas Strobl (CDU) klagen. »Wir beauftragen eine renommierte Anwaltskanzlei mit einer Klageschrift«, sagte Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

Ziel sei, dass ein Verwaltungsgericht das Innenministerium dazu bewegt, die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Geheimnisverrats gegen den Minister ermitteln zu lassen. Die FDP reagiert damit auf eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft Stuttgart, wonach solche Ermittlungen nicht möglich seien, weil das Ministerium vor einigen Monaten sein Veto gegen solche Ermittlungen eingelegt habe.

Die SPD pflichtete den Liberalen bei. »Es bleibt unvereinbar mit unserem Verständnis von Rechtsstaat und Gewaltenteilung, wenn ein Minister, der möglicherweise eine Straftat begangen hat, selbst verhindern kann, dass gegen ihn ermittelt wird«, betonte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch am Freitag. Hierdurch würde gleichsam ein rechtsfreier Raum entstehen. »Der eigentliche Skandal ist aber, dass die Landesregierung diese Ermächtigung verweigert und damit die Staatsanwaltschaft hindert, ihre Arbeit zu tun. Das ist in einer rechtsstaatlich verfassten Demokratie ein unerträglicher Vorgang!«

Strobl steht massiv unter Druck, weil er ein Schreiben des Anwalts eines ranghohen Polizisten an einen Journalisten weitergeleitet hatte. Gegen den Beamten wird wegen sexueller Belästigung ermittelt, er ist vom Dienst suspendiert. Die Opposition hält dem Minister vor, mit der Weitergabe des Schreibens mehrere Gesetze gebrochen zu haben. Nachdem Strobl Anfang Mai die Weitergabe des Schreibens eingeräumt hatte, leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts verbotener Mitteilung über Gerichtsverhandlungen ein.

Die FDP-Fraktion hatte die Staatsanwaltschaft per Strafanzeige unter anderem dazu aufgefordert, wegen Geheimnisverrats zu ermitteln. Die Liberalen halten es wie die SPD für einen Skandal, dass die Justiz an ihrer Arbeit gehindert werde. Die beiden Oppositionsparteien sprechen von »Amtsmissbrauch« durch das Innenministerium. Das Ressort argumentiert dagegen, es handele sich bei dem Schreiben des Anwalts nicht um ein amtliches Dokument und auch nicht um ein Dienstgeheimnis - darum habe man die Ermächtigung für Ermittlungen nicht erteilt.

Der Anwalt des hochrangigen Polizisten hatte kurz vor Weihnachten dem Ministerium ein Schreiben zukommen lassen. Darin bot er der Hausspitze auch ein persönliches Gespräch mit dem beschuldigten Beamten an. Strobl sah darin ein »vergiftetes Angebot«. Er habe für »maximale Transparenz« sorgen und verhindern wollen, dass die andere Seite das Schreiben lanciert und der Vorwurf der Mauschelei aufkommt. Die Opposition fordert Strobls Entlassung und strebt einen Untersuchungsausschuss an.

CDU-Generalsekretärin Isabell Huber indes sprang ihrem Parteichef zur Seite: »Die FDP sollte endlich damit aufhören, Strafanzeigen und Klagen als politisches Instrument zu missbrauchen«, erklärte sie am Freitag. »Dieser Versuch der politischen Instrumentalisierung ist absolut inakzeptabel.« Der FDP gingen die Argumente aus. Strobls Bilanz als Innenminister sei tadellos, teilte Huber mit. »Der FDP-Fraktionsvorsitzende sollte damit aufhören, seine persönliche Abneigung gegen den Innenminister für seine politischen Spielchen zu verwenden. Dafür leben wir in zu ernsten Zeiten.«

Wegen der Affäre sollte Strobl aus Sicht der FDP auch nicht mehr an Vereidigungsfeiern der Bundeswehr teilnehmen. Strobl sei als Vertreter der Landesregierung eingeplant, wenn im Juni Rekruten des ABC-Abwehrbataillons 750 »Baden« und des Luftwaffenausbildungsbataillons Germersheim ihr feierliches Gelöbnis im Schloss Bruchsal (Kreis Karlsruhe) ablegten, teilte der bundeswehrpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Hans Dieter Scheerer, am Freitag mit. Das sei inakzeptabel.

»Von den Soldatinnen und Soldaten wird tadellose Pflichterfüllung während ihrer ganzen Dienstzeit verlangt«, sagte Scheerer. »Da darf das Land nicht von einer Spitzenperson repräsentiert werden, gegen die solche Dinge im Raum stehen.«

Paragraf 353b Strafgesetzbuch

© dpa-infocom, dpa:220527-99-451334/4