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Fachkräftemangel am Beckenrand: Wenn Bademeister fehlen

Weil Bademeister fehlen, können manche Schwimmbäder nicht mehr so lange offen sein wie einst. Andere schicken Gäste gleich ganz weg.

Ein leeres Schwimmbad
Ein Schwimmbecken des Stadtbads Sangerhausen ist menschenleer, ein Sprungturm befindet sich am Beckenrand. Foto: Sebastian Willnow/Archivbild
Ein Schwimmbecken des Stadtbads Sangerhausen ist menschenleer, ein Sprungturm befindet sich am Beckenrand. Foto: Sebastian Willnow/Archivbild

STUTTGART. Das Familien- und Freizeitbad in Reichenbach steht in diesem Sommer nicht allen Badegästen offen. Weil das Bad in dem Stadtteil von Lahr (Ortenaukreis) keinen geeigneten Bademeister einstellen konnte, dürfen sich dort nur Mitglieder auf Liegestühlen und Decken aalen. Um ihre Sicherheit zu gewährleisten, sollen Rettungsschwimmer die Aufsicht übernehmen. Das reicht aber nicht aus, um die vielfältigen Aufgaben zu bewältigen. »Und das ist ein Problem, das sich künftig verschärfen dürfte«, sagt die Vereinsvorsitzende Conny Herr. Es werde immer schwieriger, die Stellen zu besetzen.

Die Gründe seien vielschichtig. Weder Bezahlung noch Arbeitszeiten gelten als attraktiv, sagt Herr. Außerdem erschwerten zunehmend renitente Badegäste den Job am Beckenrand. »Zumindest solange sich an den Bedingungen grundsätzlich nichts ändert, bleibt es schwierig, gute Bademeister zu finden«, fügt Herr hinzu.

»Kein Einzelfall«, sagt der Vorsitzende des baden-württembergischen Landesverbandes Deutscher Schwimmmeister, Edgar Koslowski. Er spricht von einem Fachkräftemangel, der sich mitnichten nur im Südwesten zeige. »Wie in anderen Branchen, so ist das auch ein deutschlandweites Problem«, sagt Koslowski, der als Bademeister in Ettenheim (Ortenaukreis) arbeitet. Er schätzt, dass allein im Südwesten bis zu hundert Bäder Probleme mit der Besetzung von Stellen haben. Das gelte sowohl für private als auch für kommunal betriebene Bäder. »Allein in der Umgebung meines Arbeitsplatzes sind mehrere Einrichtungen betroffen«, sagt er.

Dass geflüchtete Menschen den Fachkräftemangel rasch ausgleichen können, glaubt Koslowski nicht. Jemanden anzulernen, sei aufgrund der vielfältigen Aufgaben schwierig - sie reichen von der Bädertechnik bis zur Rechts- und Verwaltungskunde. »Kurzzeitig können zwar Rettungsschwimmer für Sicherheit sorgen. Aber was ist mit den anderen Aufgaben?«, fragt Koslowski.

Manche Bäder müssten aufgrund des Personalmangels Öffnungszeiten verändern oder zeitweise den Betrieb einstellen. »Es gibt einen Engpass bei der Ausbildung, der wirkt sich nun aus«, sagt der 59 Jahre alte Verbandsfunktionär.

Seiner Einschätzung zufolge sind viele junge Menschen im Sommer nicht mehr bereit, sieben Tage in der Woche bei der Arbeit zu verbringen, zumal die Bezahlung zu wünschen übrig lasse. Ein ausgelernter Facharbeiter komme als Berufseinsteiger im Monat auf etwa 1400 Euro netto. Das sei zu wenig für den Job - zumal junge Leute zunehmend an die Hochschulen und Universitäten strömten, anstatt sich für eine Ausbildung zu begeistern. Abgesehen vom sinkenden Interesse, werde die Arbeit auch schwieriger - unter anderem, weil es mehr Nichtschwimmer gebe als früher.

Auch der Gemeindetag in Baden-Württemberg hält es für möglich, dass der zunehmende Fachkräftemangel sich negativ auf die Bäder im Land auswirkt. Die oft von Kommunen betriebenen Schwimmbäder seien in der Regel Zuschussbetriebe, deren Unterhalt teuer ist. Insbesondere für Hallenbäder aus den 1970er und 1980er Jahren bestehe teilweise hoher Investitionsbedarf. »Wir gehen nicht davon aus, dass Bäder nur aufgrund des Fachkräftemangels geschlossen werden müssen«, sagte eine Sprecherin.

Auch auf anderen Gebieten hätten Städte und Gemeinden unter dem Mangel an Mitarbeitern zu leiden. Dies treffe nicht nur die Bäderbetriebe, sondern beispielsweise auch Kindergärten oder Kämmereien. Allerdings seien Kommunen nicht dazu verpflichtet, ihren Bürgern ein Schwimmbad zur Verfügung zu stellen. (dpa)