STUTTGART. Nach der erneut verschobenen Öffnung von Kitas und Grundschulen fordern Gewerkschaften Konzepte für Erziehung und Unterricht bis zu den Sommerferien. »Insgesamt wäre es für alle Beteiligten einfacher, wenn die Schulen mehr Planungssicherheit bekommen würden«, sagte die stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Ricarda Kaiser, im Vorfeld der GEW-Schulleitungs-Tagung in Stuttgart. Das fortwährende Erstellen neuer Stundenpläne, Hygiene- und Raumkonzepte sowie Organisationsstrukturen sei für alle anstrengend und zermürbend.
Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) stellte sich auf der Tagung zwar den Fragen und der Kritik der Rektorinnen und Schulleiter. Sie warb aber auch eindringlich um Verständnis. »Wir gehen davon aus, dass wir noch gemeinsam Geduld brauchen«, sagte die CDU-Politikerin. Es werde noch Wochen dauern, bis die von allen gewünschte Normalität zurückkehre. »Das Tempo macht Corona - und nicht wir«, sagte Eisenmann.
Planungssicherheit sei schwierig, wenn sich die Umstände so häufig und kurzfristig änderten. »Corona ist so dynamisch, das wir nicht sagen können «Wir machen das erst in zwei Wochen». Da muss man zügiger reagieren.« Eisenmann warb dafür, sich nicht nur an Zahlen wie den Sieben-Tage-Inzidenzen zu orientieren. »Das reine starre Festhalten an reinen Zahlen ist halt relativ schwierig, denn was mache ich, wenn diese Zahlen schwanken?« Sie forderte eine differenziertere Debatte. Verlässlicher Infektionsschutz müsse gekoppelt werden mit Planungssicherheit. »Da muss man einen Mittelweg finden.«
Am Donnerstag hatte die grün-schwarze Landesregierung entschieden, wegen der Corona-Mutation in einer Freiburger Kita auf eine frühere Öffnung von Kitas und Grundschulen im Land zum kommenden Montag zu verzichten. Sie bleiben zunächst bis nach den Faschingsferien, also bis zum 21. Februar, geschlossen. Eisenmann hatte kurz vor der Entscheidung auf den Verzicht noch gewarnt, »vorschnelle Konsequenzen« aus dem Freiburger Fall zu ziehen.
Die CDU-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl am 14. März hat bislang stets massiv auf eine Öffnung zum 1. Februar gedrungen. Auch bei der GEW betonte sie erneut die Vorteile eines Präsenzunterrichts, sofern die Infektionszahlen dies zuließen. »Je mehr Präsenz, desto besser«, sagte sie. »Präsenzunterricht ist das beste aller Modelle.« Die Begeisterung für das aufwendige System des Wechselunterrichts an Schulen könne sie nicht nachvollziehen.
Eisenmann wollte Kitas und Grundschulen im Sinne der Kinder eigentlich schon nach den Weihnachtsferien öffnen - »unabhängig von den Inzidenzen«. Eine Öffnung war dann noch einmal für den 18. Januar angedacht, doch diese hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wegen zu hoher Infektionszahlen verhindert.
»Die fast tägliche Diskussion in der Regierungskoalition über eine mögliche Öffnung versteht in den Kitas und Schulen niemand mehr«, sagte die GEW-Landeschefin Monika Stein. Bis nach der Fasnetspause könnten nun gute Konzepte für Wechselunterricht und ein besserer Schutz in Kitas und Schulen vorbereitet werden. »Wir haben viele ungelöste Probleme vor uns«, sagte GEW-Vize Kaiser am Rande der Tagung. Schulleitungen seien seit März 2020 im Dauerstress.
Nach Überzeugung des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) könnten Schulleiter unter anderem entlastet werden, wenn sie bis zu den Sommerferien freigestellt werden. »Der Schulleiter ist zum Kommunikator geworden, er muss leiten, planen und vermitteln«, sagte VBE-Landeschef Gerhard Brand der dpa. »Er muss dafür sorgen, dass die Veränderungen in der Coronakrise auch akzeptiert werden, sonst ist Feuer unterm Dach.«
Der nötige Freiraum sei möglich, wenn sich der Unterricht auf die Kernbereiche der Fächer konzentriere. »Warum müssen wir in diesen Pandemiewochen den Unterrichtsumfang voll beibehalten?«, fragte Brand. »Müssen es drei Stunden Sport sein oder reichen auch zwei? Kann man nicht auf Gemeinschaftskunde verzichten zugunsten von Geschichte?« (dpa)