STUTTGART. In der Landeshauptstadt ist knapp ein Fünftel aller Mieterhaushalte durch ihre hohen Wohnkosten überlastet. Jedenfalls ist das im Jahr 2020 so gewesen, für das das Statistische Amt der Stadt die Mietbelastungsquote ermittelt hat. Besonders betroffen von hohen Wohnkosten sind danach Alleinstehende im Rentenalter, hier vor allem Frauen, überdies Alleinerziehende sowie Singlehaushalte jüngerer Menschen, ganz generell Personen, die gar kein Erwerbseinkommen oder nur unterdurchschnittliche Einkünfte haben.
Von einer Überlastung spricht man, wenn ein Haushalt mehr als 40 Prozent seiner verfügbaren Einkünfte für die Bruttokaltmiete, also die Grundmiete und die »kalten« Nebenkosten, ausgeben muss. In der Rechnung sind nicht nur Erwerbseinkommen berücksichtigt, sondern auch Renten, Hartz IV, Grundsicherung im Alter und Wohngeld.
Die Mietbelastung über alle Haushalte liegt in Stuttgart danach im Schnitt bei 30 Prozent. Mit diesem Wert liegt die Landeshauptstadt zwar im Mittel der bundesdeutschen Top-Sieben-Großstädte, aber doch leicht über dem Schnitt im Land (27 Prozent) und im Bund (auch 27 Prozent).
Nach dieser Rechnung waren in Stuttgart im Jahr 2020 rund 20 Prozent der Haushalte von einer solchen Überlastung betroffen. Bei Haushalten ohne Erwerbseinkommen liegt die Mietbelastungsquote sogar bei 49 Prozent, bei Personen mit unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen ist die Quote noch höher und liegt bei 54 Prozent. Als unterdurchschnittlich gelten bei einem Einpersonenhaushalt Einkünfte bis 1 300 Euro im Monat, bei Zwei- und Dreipersonenhaushalten bis zu 2 600 Euro, bei vierköpfigen und größeren Familien bis zu 3 200 Euro.
Von den Haushalten, in denen mindestens eine Person ein Erwerbseinkommen hat, sind in Stuttgart 16 Prozent durch die Wohnkosten überlastet. Bei Familien mit einem durchschnittlichen Einkommen liegt dieser Anteil bei zehn Prozent. Als durchschnittlich gilt in einem Einpersonenhaushalt ein Einkommen von 1 300 bis 2 900 Euro, in Zwei- und Dreipersonenhaushalten sind es 2 600 bis 4 500 Euro, bei vier Personen nennt man ein Einkommen von 3 200 bis 6 000 Euro durchschnittlich.
Besonders Alleinerziehende
»Im Schnitt ist das Einkommensniveau in Stuttgart recht gut«, sagt Tobias Held, der beim Statistischen Amt für den Wohnungsmarkt zuständig ist. Grundsätzlich zeige sich, dass der Überlastungsanteil sinke, sobald mindestens eine Person im Haushalt einer Erwerbstätigkeit nachgeht und ein Arbeitseinkommen bezieht. Auf der anderen Seite steige die Quote, wenn der Anteil der Haushalte wächst, die Transferleistungen beziehen oder Rente erhalten.
Rund 20 Prozent der Haushalte, in denen Kinder leben, gelten als durch die Wohnkosten überlastet. Die Betroffenheit hänge hier sehr »von der Zusammensetzung der Familie« ab, also, ob die Eltern Arbeit haben, ob einer oder beide tätig sind und in welchen Berufen. Fast doppelt so hoch ist die Quote bei den Alleinerziehenden (39 Prozent), die aufgrund ihrer Haushaltssituation gegebenenfalls auch nur begrenzt arbeiten können. Diese Gruppe aber sei relativ klein und mache nur etwa ein Prozent der Familien aus, stellt Tobias Held fest.
Noch weitaus höher ist die Mietbelastungsquote bei den alleine lebenden alten Menschen. Bei den Singlehaushalten von Menschen zwischen 27 und 65 Jahren liegt die Quote bei 19 Prozent, da diese Gruppe in der Regel erwerbstätig sei. In der Altersgruppe der über 65-Jährigen aber schnellt der Anteil hoch auf 47 Prozent, bei den alleinstehenden älteren Frauen sogar auf 53 Prozent. Hier zeige sich das Problem, so Held, dass ältere Männer und vor allem Frauen – der Partner gestorben, das Einkommen wird weniger – in ihren alten, jetzt zu großen Wohnungen bleiben.
Dass diese Gruppe wächst, lässt sich an den Zahlen der Grundsicherung im Alter ablesen. 2005 haben in Stuttgart knapp 5 300 solcher Haushalte diese Leistung erhalten, 2020 waren es gut 7 150, ein Plus von fast 36 Prozent.
Anders gelagert ist die Sache bei alleine Lebenden, die jünger als 26 Jahre sind, bei denen die Mietbelastungsquote mit 33 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich hoch ist. Hierbei handle es sich oft um Studierende oder Berufsanfänger mit geringem Einkommen, die neu zuziehen und »sich eine teure Wohnung nehmen müssen, um überhaupt unterzukommen«, erklärt Tobis Held.
Tendenz unklar
Ob und in welchem Umfang der Anteil der durch hohe Wohnkosten überlasteten Haushalte zu- oder abgenommen hat, lässt sich nur schwer sagen. Man könne darüber anhand der Zahlen »keine Aussage machen«, erläutert Tobias Held. So ist etwa die Zahl der Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften in Stuttgart in der Tendenz von 2005 bis 2020 etwas gesunken (von 22 565 auf 21 784), die Werte sind aber schwankend. Ähnlich ist es bei den reinen Wohngeldhaushalten, die abgenommen haben (2005: 3 996, 2020: 3 840). Diese Werte sind jedoch sogar stark schwankend, da alle paar Jahre die Bemessungsgrundlage für das Wohngeld verändert wird, die Zahl der Haushalte danach deutlich steigt, in den Folgejahren aber wieder abnimmt (Spitzenwert 2010: 4 883 Wohngeldhaushalte, niedrigster Wert 2007: 3 198 Haushalte). Klar ist die Zunahme nur bei den alten Menschen. (GEA)