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Die Narren erobern die Straßen im ganzen Land zurück

Nach Corona freuen sich die Zünfte und Narrengruppen wieder auf einen Dreikönigstag wie vor der Pandemie.

Den traditionellen Narrensprung zu verschieben, das ist in Rottweil schlicht undenkbar.  FOTO: SEEGER/DPA
Den traditionellen Narrensprung zu verschieben, das ist in Rottweil schlicht undenkbar. FOTO: SEEGER/DPA
Den traditionellen Narrensprung zu verschieben, das ist in Rottweil schlicht undenkbar. FOTO: SEEGER/DPA

KONSTANZ. Für die Narren war es eine traurige Zeit. Die Corona-Pandemie machte ihnen in den vergangenen Jahren einen Strich durch die Rechnung. Statt ausufernder Partys waren Abstandsregeln und Beschränkungen bei Umzügen auf der Tagesordnung. Die Vorfreude auf die kommende Saison ist deshalb bei den Zünften umso größer. Am 6. Januar, dem Dreikönigstag, beginnt die schwäbisch-alemannische Fastnacht offiziell. Körperkontakt ist bei dieser Fasnet ausdrücklich erwünscht, wie die Zünfte erklärten.

Fahrplan der Zünfte

Straßenumzüge, Bälle, Schülerbefreiungen, Kinderfasnet: der Narrenfahrplan der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) gibt die Richtung vor. Die Zünfte im Land stimmen sich auf unterschiedliche Arten auf die fünfte Jahreszeit ein: Viele »Mäschgerle« starten beispielsweise mit dem Abstauben der Masken und des Narrengewandes – denn an diesem Tag dürfen sie ihr »Häs«, wie das Narren-Outfit auch genannt wird, das erste Mal öffentlich tragen.

An vielen anderen Orten gibt es das obligatorische Ausrufen der Fastnacht oder das Einschnellen, bei dem lange Peitschen knallen, die Karbatschen genannt werden. Kalte Füße bekommen die Narren in Lauffen ob Rottweil bei Deißlingen (Kreis Rottweil): Bei der »Fiaßwäsch« hängt der dortige Narrenrat diese in einen kleinen Brunnen. Eine Tradition, die in etwas abgewandelter Form auch in Corona-Zeiten gepflegt wurde.

In Stockach (Kreis Konstanz) wird es dagegen wieder »ernst«: Dort soll bei einer abendlichen Dreikönigssitzung verkündet werden, welcher Politiker sich vor dem Narrengericht verantworten muss. Auf der Anklagebank saßen schon Franz Josef Strauß, Hans-Dietrich Genscher und Angela Merkel. Der Prozess findet immer am »Schmotzigen Dunschtig« (16. Februar) statt.

Winfried Kretschmann beim Froschkuttel-Essen in Riedlingen.  FOTO: DPA
Winfried Kretschmann beim Froschkuttel-Essen in Riedlingen. Foto: dpa
Winfried Kretschmann beim Froschkuttel-Essen in Riedlingen.
Foto: dpa

Zuletzt musste sich Grünen-Politiker Cem Özdemir als Beklagter verantworten. »Nach zwei Jahren Fasnachtsabstinenz freuen wir uns auf 47 Tage närrisches Treiben im Jahre 2023«, hatte Narrenrichter Jürgen Koterzyna gesagt. Am Aschermittwoch, der 2023 auf den 22. Februar fällt, beginnt dann wieder der Ernst des Lebens.

Narrenschelle für Söder

Die »Goldene Narrenschelle«, die von der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte verliehen wird, geht im Februar an Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Den oberschwäbischen Fasnetspreis »Goldene Saublodr« bekommt am 8. Januar Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU).

Beim Alemannischen Narrenring (ANR) warten die 89 Zünfte und 27.500 Mitglieder auch schon auf den Start der Fastnacht. Erstes Highlight nach dem Dreikönigstag ist der sogenannte Regionenball am 13. Januar bei Friedrichshafen am Bodensee, bei dem 40 Mitgliedszünfte aus der Region zusammenkommen. »Die Veranstaltung findet zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder statt«, sagte ANR-Präsident und Narrenmeister Markus Stark.

Die Fastnacht im Südwesten ist vorwiegend traditionell geprägt. Die Narren verkörpern meist Figuren aus der Dorf- und Stadtgeschichte sowie Fabelwesen und Tiere. Zum »Häs« tragen sie oft kunstvoll geschnitzte Masken. An einigen Orten im Land sind aber auch Einflüsse des rheinischen Karnevals spürbar – mit Figuren wie Prinz und Prinzessin oder Tanzgarde.

Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) lobte die Zünfte für die vergangenen Pandemie-Jahre, in denen sie sich verantwortungsvoll verhalten hätten. »Auch während der närrischen Tage gilt die Empfehlung, die allgemeinen Infektionsschutzmaßnahmen einzuhalten«, erklärte Lucha. »Wir alle wissen nach fast drei Jahren Pandemie, wie man sich eigenverantwortlich schützen kann.« (dpa)