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Dauerbrenner-Debatte Tempolimit nimmt wieder Fahrt auf

Der Gasstreit mit Russland könnte sich zuspitzen, Verbraucher und Firmen werden zum Energiesparen aufgerufen. Es wird auch in Baden-Württemberg wieder über ein Dauerbrenner-Thema diskutiert.

Tempolimit
An der Autobahn steht ein Verkehrsschild mit der Geschwindigkeitsangabe von 130 Stundenkilometern. Foto: Jens Büttner
An der Autobahn steht ein Verkehrsschild mit der Geschwindigkeitsangabe von 130 Stundenkilometern.
Foto: Jens Büttner

Angesichts der drohenden Energiekrise und der stark steigenden Kosten unter anderem für Sprit werden auch in Baden-Württemberg die Rufe nach einem Tempolimit wieder lauter. Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) spricht sich dafür aus, den Fuß auf Autobahnen stärker vom Gas zu nehmen, auch SPD-Landes- und Fraktionschef Andreas Stoch fordert eine Grenze fürs Tempo. Beide Parteien hatten sich bei den Koalitionsverhandlungen im Bund zu diesem Thema allerdings nicht gegen den Partner FDP durchsetzen können. Die Verantwortung für die Autobahnen liegt in Deutschland bei der bundeseigenen Autobahn GmbH.

»Es ist höchste Zeit für spritsparendes Autofahren und für ein Tempolimit«, sagte Hermann am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. »Mit solchen konkreten Schritten können alle etwas gegen die Abhängigkeit von russischem Öl tun.« Stoch sieht zudem »einen erheblichen Einsparungseffekt«, außerdem mache ein Tempolimit den Verkehr sicherer. Es müsse »jetzt kommen«, fordert er. Auch Umweltverbände werben seit langem für die Einführung eines generellen Tempolimits.

Hermann und Stoch wissen bei diesem Thema auch den Regierungschef im Boot: »Grundsätzlich sollte man immer schauen, wo man Energie einsparen kann. Ein Tempolimit halte ich schon immer für richtig und jetzt erst recht«, hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vor etwa einer Woche der »Schwäbischen Zeitung« gesagt.

Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ist ein Dauerbrenner-Thema - die Debatte kommt aber neu auf, nachdem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch die Frühwarnstufe eines Notfallplans Gas ausgerufen hat. Es ist die erste von drei Stufen. Damit soll die Vorsorge für einen möglichen russischen Lieferstopp gestärkt werden. An Verbraucher und Firmen ging der Appell, Energie einzusparen. Vom Deutschen Städtetag wurde die Bundesregierung aufgefordert, ein Tempolimit zu prüfen, um Energie zu sparen.

Bei den Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP war die Einführung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen am Widerstand der Liberalen gescheitert. Auch bei einem vor kurzem von den Koalitionsspitzen beschlossenen Maßnahmenpaket auch zum Energiesparen fehlte ein Tempolimit. Stattdessen ist ein günstiges Ticket für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) über drei Monate geplant, damit Autofahrer umsteigen. Verkehrsminister ist der FDP-Politiker Volker Wissing.

Der baden-württembergische FDP-Verkehrsexperte Christian Jung ging nicht direkt auf die Argumente Hermanns ein: »Ein generelles Tempolimit bringt unabhängig von der aktuellen Situation für den Klimaschutz überhaupt nichts«, sagte er. Es sei sinnvoller, Telematik einzusetzen, um ein hohes Verkehrsaufkommen intelligent zu steuern.

Das Umweltbundesamt (UBA) hatte vor drei Wochen verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen, um deutlich sparsamer mit Energie umzugehen. Dazu gehörte auch, weniger und vor allem langsamer mit dem Auto zu fahren. Verringerten die Autofahrer die Geschwindigkeit auf Autobahnen auf maximal 100 Kilometer pro Stunde und auf 80 km/h auf Straßen außerorts, spare das rund 2,1 Milliarden Liter fossilen Kraftstoff ein - selbst wenn man davon ausgehe, dass sich nicht alle daran hielten und Einzelne schneller unterwegs seien. Das spare immerhin sofort rund 3,8 Prozent des im Verkehrssektor verbrauchten Kraftstoffs.

© dpa-infocom, dpa:220331-99-742289/4