STUTTGART. Schwangere Lehrerinnen sollten aus Sicht von Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) wieder in Präsenz unterrichten - die Regierungspräsidien im Südwesten wollen allerdings weiter an den strengen Regeln aus der Corona-Zeit festhalten. »Das RKI stuft das Risiko für Schwangere weiterhin als hoch ein«, teilten die Regierungspräsidien Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit. Nicht das Kultusministerium, sondern die sogenannten Fachgruppen Mutterschutz bei den Regierungspräsidien sind zuständig für das Thema. Die Verbände sind auch für die Beibehaltung der strengen Regeln.
Schwangere Lehrerinnen dürfen im Südwesten pandemiebedingt in der Regel nicht in Präsenz unterrichten. Laut Landessozialministerium haben Schwangere bei einer Corona-Infektion ein höheres Risiko als Nicht-Schwangere, schwer zu erkranken und auf eine Intensivstation zu müssen. Eine Beschäftigung ist daher nur im Ausnahmefall möglich, sofern »ausreichende Maßnahmen zum Infektionsschutz gewährleistet« werden könnten, schreibt das Kultusministerium. In der ersten bis dritten Klasse an Grundschulen und in Bereichen der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren ist die Beschäftigung generell nicht möglich.
Laut Ministerium können derzeit rund 580 Lehrkräfte (Stand: 23. Mai) nicht eingesetzt werden - dabei geht es nicht nur um schwangere Lehrerinnen, sondern auch um Risikogruppen; Anfang Dezember 2021 waren es noch 1200 Lehrerinnen und Lehrer.
Schopper ist nun für eine Rückkehr zur alten Mutterschutz-Regelung vor Corona und begründet das mit dem Personalmangel an Schulen. »Dass schwangere Lehrerinnen fast komplett für den Präsenzunterricht ausfallen, stellt uns insbesondere an den Grundschulen vor große Herausforderungen«, sagte sie der dpa. »Wenn Lehrerinnen schwanger werden, fallen sie sehr plötzlich aus. Sie stehen uns von dem einen auf den anderen Tag nicht mehr für den Präsenzunterricht zur Verfügung - und dies für eine längere Zeit.« Der »Südwest Presse« sagte Schopper vor wenigen Tagen: »Eine Schwangerschaft ist ja keine Krankheit, nur ein Zustand - und auch ein schöner.«
Deshalb sollte man zur alten Regelung zurückkehren, fordert Schopper. »Natürlich muss man die medizinische Expertise zu dieser Frage einbeziehen, aber ich würde mir schon wünschen, dass wir schwangere Lehrerinnen und auch Erzieherinnen wieder mehr im Präsenzbetrieb einsetzen können.« Sie sei deshalb in Kontakt mit den zuständigen Stellen.
Die Regierungspräsidien schieben der Ministerin aber einen Riegel vor. Das Risiko für Schwangere, sich im Präsenzunterricht mit Corona zu infizieren, sei durch den Wegfall von Test- und Maskenpflicht gestiegen, argumentieren die vier Präsidien. Es gebe auch keine neuen Aussagen, ob die Gefahr für geimpfte Schwangere geringer ist. Somit könne eine Impfung in der Gefährdungsbeurteilung momentan nicht berücksichtigt werden und daher seien besondere Schutzmaßnahmen weiterhin notwendig.
Auch die Bildungsverbände sind dafür, dass Schwangere weiterhin zuhause bleiben. Er könne die Ministerin zwar verstehen, weil das Personal sehr knapp sei, sagte der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, am Mittwoch. Aber: »Über den Gesundheitsschutz geht nichts.« Gerade in Grundschulen müsse Ersatz besorgt werden, nur das geschehe nicht.
Sicherheit habe Vorrang, sagt auch die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Monika Stein. »Das bedeutet, dass wir schwangere Lehrkräfte besonders schützen müssen.« Erst wenn das Robert Koch-Institut (RKI) seine Empfehlung ändere, könne man auch wieder Schwangere im Unterricht einsetzen. Die Landesregierung müsse sicherstellen, dass alles dafür getan wird, dass in Baden-Württemberg möglichst sicher in den Klassenzimmern gelernt und gearbeitet werden kann. »Es ist für mich völlig unverständlich, dass wir auch in das dritte Corona-Schuljahr starten werden, ohne dass es überall funktionierende Luftreinigungssysteme gibt.« (dpa)