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CDU-Chef Strobl fordert Stärkung der Nachrichtendienste

Zwei Tage nach dem Hackerangriff auf die Polizei warnt der Innenminister vor zunehmendem Krieg im Netz. Die Sicherheit steht im Mittelpunkt eines Treffens der Südwest-CDU. Aber es geht um mehr.

Kahl und Strobl
Bruno Kahl (l), Präsident des BND und Thomas Strobl, Innenminister von Baden-Württemberg. Foto: Bernd Weißbrod
Bruno Kahl (l), Präsident des BND und Thomas Strobl, Innenminister von Baden-Württemberg.
Foto: Bernd Weißbrod

CDU-Landeschef und Innenminister Thomas Strobl hat vor dem Hintergrund zunehmender Cyberangriffe eine Stärkung der Nachrichtendienste in Bund und Länder gefordert. »Wir brauchen dringend eine Ertüchtigung der Abwehr, Möglichkeiten der Gegenspionage und weitere Möglichkeiten geheimdienstlicher Aufklärung«, sagte Strobl am Freitagabend bei der traditionellen Klausur der Südwest-CDU im Kloster Schöntal im Hohenlohekreis.

Nicht nur Polizistinnen und Polizisten, Soldatinnen und Soldaten, auch die Nachrichtendienste verdienten Unterstützung, sagte Strobl. Der Bundesnachrichtendienst, der zentral für die Aufklärung sei, müsse eine Stärkung erfahren. Die Dienste bräuchten politische Rückendeckung. Die Bedrohungslagen würden immer komplexer, sagte der Minister. Er sprach von einer hybriden Bedrohungslage und einem zunehmenden »Krieg im Cyberraum«. Desinformation müsse gezielt bekämpft werden könne. Erst diese Woche hatten Hacker einen Angriff auf die Polizei im Südwesten verübt und die Internetseiten der Ordnungshüter außer Gefecht gesetzt.

Die Südwest-CDU kam am Freitag erstmals seit Pandemiebeginn wieder zur traditionellen Klausur im Kloster Schöntal zusammen. Rund 160 Christdemokraten wurden erwartet - der Landesvorstand, die Kreisvorsitzenden, Abgeordnete aus EU-Parlament, Bundestag und Landtag, Kreisgeschäftsführer, CDU-Oberbürgermeister und -Landräte sowie Vorsitzende der Landesfachausschüsse, Netzwerke und Arbeitskreise. Inhaltlicher Schwerpunkt ist diesmal das Thema Sicherheit. Der Chef des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, soll über Gefahren aus dem Ausland berichten.

Strobl kritisierte zum Auftakt des Treffens die Sicherheitspolitik der Ampel. Die Bundesregierung habe nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine schnell gesagt, dass sie 100 Milliarden Euro für die Streitkräfte geben werde. »Davon ist bisher kein einziger Euro verausgabt«, kritisierte Strobl. »Das ist nach einem knappen Jahr zu wenig.« Auch sonst sei die Bundesregierung nicht tatkräftig unterwegs. »Die Streit-Ampel zeichnet sich vor allem durch Selbstbeschäftigung aus«, sagte er. »Das ist der Lage nicht angemessen.«

Bei dem Klostertreffen soll es auch um die anstehenden Kommunalwahlen gehen und darum, wie sich die CDU in den nächsten Monaten aufstellen will. Vor der Klausur hatte der Sozialflügel der Partei Strobl scharf kritisiert und mehr Profil in der Landesregierung gefordert. »Wir müssen politisch in Baden-Württemberg in diesem Jahr in die Offensive gehen und Widerspruchsgeist beweisen«, hatte Christian Bäumler, Landeschef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), gesagt. »Es darf nicht dabei bleiben, dass wir uns in Gremiensitzungen loben.« Bäumler sitzt im Landesvorstand der CDU. CDU-Generalsekretärin Isabell Huber hatte Bäumlers Vorstoß danach als »Schrei nach medialer Aufmerksamkeit« bezeichnet.

Thomas Strobl, der den Landesverband seit 2011 führt, stellte vor dem Treffen klar, dass sich die Südwest-CDU dieses Jahr keinesfalls mit der Frage der Spitzenkandidatur befassen wird. »Wir beschäftigen uns jetzt definitiv nicht mit der Frage der Spitzenkandidatur. Wir führen nicht einmal eine Debatte darüber«, sagte er auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur. »Die nächste Landtagswahl ist 2026. Da fließt noch sehr viel Wasser den Neckar hinunter - und auch den Rhein.« Damit sagt Strobl auch indirekt, dass er keine Verbindung sieht zwischen der anstehenden Wahl zum Landesvorsitz im Herbst und der Spitzenkandidatur. Er lässt offen, ob er selbst nochmal antritt.

Die CDU konzentriere sich auf die Dinge, die nun anstünden, etwa Krieg in Europa, Inflation und Energieknappheit, sagte der 62-Jährige. Eine Beschäftigung mit der Spitzenkandidatur gehe an den Sorgen der Menschen und den großen Herausforderungen vorbei. »Wenn Politik sich nur um sich selbst dreht, dann schafft sie sich irgendwann ab.« Auf die Frage, ob er auf dem Parteitag im November selbst wieder als Landeschef antreten möchte, antwortete Strobl: »Alles zu seiner Zeit.«

Baden-Württemberg war politisch knapp sechs Jahrzehnte lang fest im Griff der CDU. 2011 verlor die Partei nach 58 Jahren die Macht an Grün-Rot. Der Landesvorsitzende Strobl wurde bei den Spitzenkandidaturen mehrfach von parteiinternen Gegnern übergangen - vor der Wahl 2016 verlor er einen Mitgliederentscheid gegen Guido Wolf. Und vor der Landtagswahl 2021 machte ihm Kultusministerin Susanne Eisenmann die Kandidatur streitig.

Dass Strobl Spitzenkandidat der CDU wird, damit rechnet in der Partei derzeit kaum jemand. Nicht zuletzt belasteten die sogenannte Polizei-Affäre und ein Untersuchungsausschuss den Minister. Aber Strobl gilt seit Jahren als politisches Stehaufmännchen. Für CDU-Fraktionschef Manuel Hagel, dem an erster Stelle Ambitionen auf die Spitzenkandidatur nachgesagt werden, käme ein Rücktritt Strobls und die damit verbundenen Machtvakanzen zu früh. Weitere Namen von Aspiranten fallen immer wieder - etwa Thorsten Frei, der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion.

© dpa-infocom, dpa:230127-99-384724/4