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BaWü-Check: Mehrheit im Land für längere Laufzeit der Atomkraft

Ukraine-Krieg und hohe Energiepreise sorgen für Neubewertung der Atomkraft als Übergangstechnologie.

Block I (hinten) und Block II des Kernkraftwerks Neckarwestheim
Block I (hinten) und Block II des Kernkraftwerks Neckarwestheim. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild
Block I (hinten) und Block II des Kernkraftwerks Neckarwestheim. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

REUTLINGEN/ALLENSBACH. Der Ukraine-Krieg verlangt den Menschen im Südwesten einiges ab und führt zu einem Umdenken über die Atomkraft. So spricht sich in einer Umfrage im Auftrag des GEA und anderer baden-württembergischen Tageszeitungen eine Mehrheit von 57 Prozent für eine längere Laufzeit des Atomkraftwerkes Neckarwestheim II aus. Die Bürger begründen ihr Votum mit der Sorge um die Energiesicherheit. Nur 28 Prozent wollen, dass der Meiler wie geplant Ende des Jahres vom Netz geht.

- Bedeutet das eine Renaissance der Atomkraft?

Nein, dass bedeutet keine Trendwende hin zur Atomkraft. Vielmehr sehen die Bürger in der Nuklearenergie eine Übergangstechnologie, die dafür sorgt, dass es in der aktuell krisenhaften Situation keinen Energieengpass in Deutschland gibt. Das zeigt sich daran, dass sich 60 Prozent der Befragten trotz der Zustimmung für längere Laufzeiten am Ausbau der erneuerbaren Energiequellen festhalten. Nur eine Minderheit von 19 Prozent lehnt dies laut Umfrage ab. Wie stark der Wunsch nach grüner Energie ist, zeigt sich auch daran, dass eine Mehrheit von 55 Prozent zugunsten des raschen Ausbaus der Windkraft eine Beschränkung der Einspruchsmöglichkeiten befürwortet. Nur 26 Prozent halten an der Bürgerbeteiligung in der bisherigen Form fest.

- Der Ukraine-Krieg trübt die Stimmung ein. Sinkt dadurch auch die Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen?

Die Stimmung gegenüber Flüchtlingen ist überaus positiv und von großer Hilfsbereitschaft gekennzeichnet und nicht mit der im Jahr 2015 zu vergleichen. 51 Prozent sprechen sich dafür aus, so viel Flüchtlinge aus der Ukraine wie möglich unbürokratisch aufzunehmen. 43 Prozent sprechen sich für eine Begrenzung aus, und nur 6 Prozent der Befragten lehnen eine Aufnahme ab.

Trotz der großen Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung dürfte die konkrete Unterbringung der Flüchtling eher eine Aufgabe des Staates sein. Nur 12 Prozent der Befragten gaben an, zu Hause eine Möglichkeit zur Unterbringung von Kriegsflüchtlingen zu haben. Die überwältigende Mehrheit der Menschen im Südwesten hat aber nicht die räumlichen Möglichkeiten dafür. Doch wenn man nur die generelle Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen abfragt, zeigt sich, wie groß die Hilfsbereitschaft ist: 44 Prozent sind bereit zu Hause Flüchtlinge aufzunehmen. Nur jeder Dritte schließt dies grundsätzlich aus.

- Wie groß ist die Akzeptanz von Windrädern?

Für den Ausbau der Windkraft gibt es schon seit Jahren eine breite Zustimmung. Doch sobald man persönlich betroffen ist und das Windrad in unmittelbarer Nachbarschaft gebaut werden soll, sinkt die Zustimmungsrate. Nach der neuen Umfrage würde eine Mehrheit von 58 Prozent den Bau eines Windrads in unmittelbare Nachbarschaft akzeptieren. Aber jeder Vierte gab an, dass er sich durch das Bauwerk gestört fühlen würde.

- Wie stark wirken sich die hohen Benzin- und Dieselpreise aus?

Die steigenden Preise für Benzin, Diesel und Gas belasten die Menschen erheblich. Immerhin jeder Vierte in Baden-Württemberg spricht davon, dass ihn die gestiegenen Energiepreise massiv belasten und sogar in große finanzielle Schwierigkeiten bringen. Immerhin 62 Prozent geben an, dass sie die finanzielle Belastung spüren, aber noch für verkraftbar halten. Nur eine kleine Minderheit sieht sich davon nicht betroffen.

- Wie bewerten die Bürger im Südwesten Tankrabatte?

Der Vorschlag von Finanzminister Christian Lindner findet in Baden-Württemberg kaum Zuspruch. Nur 12 Prozent halten eine Entlastung durch Tankrabatte für sinnvoll. Wenig Beifall findet auch der Vorschlag, die Pendlerpauschale zu erhöhen. Nur 8 Prozent sprechen sich in der Allensbach-Umfrage dafür aus.

- Was erwarten die Menschen vom Staat, um die Spritpreise zu senken?

Die Bürgerinnen und Bürger im Südwesten haben eine sehr klare Vorstellung darüber, was der Staat in der gegenwärtigen Krise unternehmen soll. 69 Prozent fordern, dass die Steuern auf Benzin und Diesel gesenkt werden.

- Woran liegt die Skepsis gegenüber einem Tempolimit?

Grundsätzlich sind die Menschen bereit, sich einzuschränken und ihr Verhalten zu ändern. Doch die geringe Zustimmung zu Tempolimits auf Autobahnen hängt sehr stark damit zusammen, dass sich die Bürger davon wenig Einsparpotenzial versprechen. Denn 45 Prozent gaben an, dass sie sich im Leben wegen der hohen Energiepreise generell einschränken und versuchen, weniger Energie zu verbrauchen. Viele senken die Raumtemperatur oder reduzieren den Stromverbrauch. 45 Prozent gaben an, weniger Auto zu fahren, immerhin 34 Prozent auch spritsparender. (GEA)

Foto: Gea
Foto: Gea