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Bäumler: Konzept des Bürgergelds ist gescheitert

Es geht ums Fördern, Fordern und um nichts weniger als die Rolle des Sozialstaats - der Streit um die Bürgergeld-Pläne der Bundesregierung spitzt sich deutlich zu. Der CDU-Sozialflügel ist sich bereits sicher: Der Ampel steht im Bundesrat eine krachende Niederlage bevor.

Christian Bäumler
Christian Bäumler, Landesvorsitzender der CDA, guckt in die Kamera. Foto: Marijan Murat
Christian Bäumler, Landesvorsitzender der CDA, guckt in die Kamera.
Foto: Marijan Murat

Der CDU-Sozialflügel hält die Ampelpläne für ein Bürgergeld für absolut chancenlos bei einer Abstimmung im Bundesrat. »Das Konzept des Bürgergelds ist gescheitert«, sagte Christian Bäumler, Vize-Vorsitzender des Arbeitnehmerflügels (CDA), der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. »Das Bürgergeld hat mit dem Vorschlag der Ampel keine Chance im Bundesrat.« Was die Ampel an Kompromissvorschlägen anbiete, sei reine Kosmetik, kritisierte Bäumler. Hauptknackpunkt für den CDA sei der Verzicht auf Sanktionen, also Leistungskürzungen, in den ersten sechs Monaten.

Zwar glaube er selbst nicht so sehr an die Wirksamkeit von Sanktionen, sagte Bäumler - aber es müsse zumindest die Möglichkeit von Sanktionen als Drohkulisse geben. Der Punkt sei für die Union nicht verhandelbar. »Es kann nicht sein, dass man der Allgemeinheit auf Nase rumtanzt und das keine Folgen hat«, sagte er.

Der Bundestag stimmt am Donnerstag über das neue Bürgergeld ab. Es soll zum 1. Januar die bisherige Grundsicherung Hartz IV ablösen. Vorgesehen ist, dass die Regelsätze steigen und die Arbeitslosen vom Jobcenter weniger unter Druck gesetzt werden. Doch die eigentliche Nagelprobe kommt erst im Bundesrat: Die Union will das Vorhaben in der Länderkammer stoppen. In einem Eckpunktepapier, das der dpa vorliegt, bemängeln die Arbeitsminister aus Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein vor allem die vorgesehene Karenzzeit, wonach ein eventuell vorhandenes Vermögen erst nach zwei Jahren geprüft und angetastet werden soll. In allen vier Bundesländern ist die Union an der Regierung beteiligt.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, sagte der »Rheinischen Post« (Mittwoch). »Für den von der Ampel vorgeschlagenen Systemwechsel hin zu einem bedingungslosen Grundeinkommen werden wir jedenfalls nicht die Hand reichen.« Insbesondere beim Schonvermögen und bei den Sanktionen bedürfe es substanzieller Nachbesserungen. CDU-Vize Carsten Linnemann sieht im Bürgergeld einen »Angriff auf das Prinzip Fördern und Fordern«. »Ehrliche Arbeit zählt in Deutschland offenbar nicht mehr viel«, sagte er der »Bild« (Mittwoch).

Die Ampel-Parteien, die im Bundesrat auf die Zustimmung der Union angewiesen sind, sehen jedoch keinen Spielraum für weitere Zugeständnisse. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert kritisierte die Union scharf und warf ihr »Lügen« und »parteitaktische Spielchen« vor. »Beim Thema Bürgergeld hat sich die Union nun endgültig im Bermudadreieck aus Klamauk, Desinformation und Stimmungsmache verloren«, sagte Kühnert den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). »Da werden bewusst falsche Zahlen und Lügen verbreitet, nach denen Menschen in Deutschland mit dem Bürgergeld mehr hätten, als diejenigen, die arbeiten. Da werden lebensferne Geschichten von angeblich superreichen Bürgergeld-Beziehern erzählt.«

Kühnert kritisierte zudem das Vorhaben der Thüringer CDU-Fraktion, mit einem Antrag im Thüringer Landtag die rot-rot-grüne Landesregierung dazu bringen, im Bundesrat gegen die Pläne der Ampel-Koalition zu stimmen. Diesem Antrag könne nur die AfD zur Mehrheit verhelfen, sagte der SPD-Politiker. Die viel beschworene Brandmauer nach Rechtsaußen scheine in der CDU nur so lange stabil zu stehen, wie sie Parteichef Friedrich Merz populistischen Manövern nicht im Wege stehe.

Die Union hatte bereits deutlich gemacht, bei einem Scheitern im Bundesrat müsse die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss anrufen, wenn sie das Gesetz retten wolle. Dadurch wäre die geplante Einführung zum Jahreswechsel zumindest fraglich. CDA-Vize Bäumler sprach sich für eine baldigen Beschluss zur Erhöhung der Regelsätze aus, da diese sonst nicht zum 1. Januar ausgezahlt werden könnten. Das wäre fatal, sagte er.

© dpa-infocom, dpa:221109-99-444522/2