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Wie Achtsamkeit zu mehr Zufriedenheit führen kann

Sozialpädagogin Gabi Raeggel erklärt, wie Achtsamkeit zu mehr Zufriedenheit führen kann

Ganz praktische Tipps zum Ballastabwerfen gab Gabi Raeggel im Oertel+Spörer-Saal vor rund 50 Zuhörern. FOTO: NIETHAMMER
Ganz praktische Tipps zum Ballastabwerfen gab Gabi Raeggel im Oertel+Spörer-Saal vor rund 50 Zuhörern. FOTO: NIETHAMMER
Ganz praktische Tipps zum Ballastabwerfen gab Gabi Raeggel im Oertel+Spörer-Saal vor rund 50 Zuhörern. FOTO: NIETHAMMER

REUTLINGEN. Es wirkt. Zumindest bei Gabi Raeggel. Dass die Fahrt von Dortmund nach Reutlingen wegen eines brennenden ICEs zur Geduldsprobe wurde, nahm sie gelassen. Ausgeruht und relaxt konnte sie daher den rund 50 Zuhörern beim GEA-Vortrag im Oertel+Spörer-Saal am Abend erklären, wie das geht.

Achtsamkeit heißt das Zauberwort, die bewusste Fokussierung auf das Hier und Jetzt. Was Gabi Raeggel macht, wenn sie auf dem Bahnsteig warten muss? Hin und her gehen. Den festen Boden unter den Füßen spüren, die Gedanken allein auf diesen Moment konzentrieren. Nicht an die vollen Züge denken, nicht an das, was war und sein wird, sondern an das, was ist. »Das erdet mich, hilft mir, runterzukommen«, sagt die 57-Jährige.

»Aus dem Autopiloten aussteigen« nennt sie das. Statt zu funktionieren, könne es sich lohnen, einen Schritt zurückzutreten, die Situation neutral zu betrachten, ein Mal ein-, ein Mal auszuatmen. So wird Abstand zwischen Reiz und Reaktion gebracht, dass Bewusstsein aktiviert, Dinge können neu gesehen werden.

Das kann in stressigen Situationen helfen, aber auch den ganzen Alltag entspannen und zu mehr Zufriedenheit führen. Gabi Raeggel fand in einer Phase starker beruflicher Belastung zum Thema Achtsamkeit. Die steigende Belastung in der Sozialen Arbeit schlauchte sie immer mehr, bis sie schließlich erste Anzeichen von Burnout an sich feststellte. Sie machte eine Kur, in der auch Meditation angeboten wurde. »Aus dem Multitasking rauszukommen und nur atmen zu müssen, das war hervorragend«, erinnert sie sich. Raeggel zog Konsequenzen: Sie suchte sich einen neuen Job.

Am Anfang steht das Hinschauen

Soll sich etwas ändern, das betont die Sozialpädagogin und Buchautorin aber auch, führt kein Weg daran vorbei, sich dem Istzustand zu stellen. »Eine Durcheinanderkiste wird nicht aufgeräumter, wenn ich sie zu mache.« Genaues Hinschauen und Hinterfragen sind in verschiedenen Lebensbereichen möglich. Etwa beim Thema Zeit. »Welcher Termin muss nicht sein?«, lautet hier die zentrale Frage. Auch das Handy hin und wieder auszustellen, verschafft Zeit. Ebenso können Beziehungen genauer betrachtet werden: welche tun gut, und mit wem sollte eine ungute Situation besprochen werden.

Am einfachsten umsetzbar ist es wohl, Ballast in den eigenen vier Wänden zu erkennen und abzuwerfen. Loslassen heißt hier das Ziel. Die zugestellte Werkbank ist der Klassiker: Vor lauter Werkzeug bleibt keine Fläche zum Arbeiten mehr. Der Raum könnte womöglich anders genutzt werden. Raeggel nennt ein weiteres Beispiel aus ihrem eigenen Leben. Das Klavier, das einst ihre Passion war, wird längst nicht mehr gespielt. Die Schwerhörigkeit lässt es nicht mehr zu. Wie ein Mahnmal stand es lange Jahre ungenutzt im Raum, sorgte für schlechte Gefühle. Als der Entschluss gefasst war, es an eine junge Musikerin zu verschenken, sei eine große Last von ihr gefallen. »Das war unglaublich befreiend.«

Dem Entrümpeln, um Platz für Neues zu schaffen oder einfach, um nicht im Krempel zu ersticken, hat Raeggel einen Namen gegeben: achtsamkeitsbasierter Minimalismus. Und der kann im Kleinen beginnen. »Bei mir war das diese elende Kuli-Schublade«, berichtet sie. Unter Hunderten den einen Stift zu finden der funktioniert war regelmäßig Anlass fürs Genervtsein. »Jede sortierte Schublade ist ein neuer Anfang«, ermutigt die Referentin zum ersten Schritt. (GEA)

WAS BLEIBT, WAS FLIEGT?

Hilfestellungen beim Ausmisten

Einige Fragen, so Sozialpädagogin Gabi Raeggel, können beim Entrümpeln von Räumen helfen. Ist das Ding nützlich für mich? Macht es mich glücklich? Brauche ich es oder will ich es nur? Würde ich es wieder kaufen, wenn es kaputt geht? Und habe ich es im vergangenen Jahr benutzt?

Raeggel nennt Hinweise darauf, dass es sich um Überflüssiges handelt: Das Ding ist mehrfach vorhanden (Beispiel: alte Handys), ist das Einzelteil eines Paars (typisches Beispiel: Socken), oder ist unidentifizierbar (was etwa auf Kabel oft zutrifft – wofür war das gleich noch mal?).

Einen Ratschlag hat sie beim Ausmisten des Kleiderschranks: Alle Kleiderbügel in eine Richtung drehen. Wird ein Kleidungsstück angezogen, wird der Bügel in die andere Richtung gedreht. »Nach ein paar Wochen wird man sich wundern, wie wenige Bügel umgedreht sind.« (hai)