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Fake News zum Trotz: Warum Journalisten Facebook nutzen

In sozialen Medien gibt es immer wieder Fake News. Trotzdem sind diese Netzwerke für Journalisten wichtig

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Facebook und andere Soziale Medien sind wichtig für Journalisten. Foto: Andrea Warnecke
Facebook und andere Soziale Medien sind wichtig für Journalisten.
Foto: Andrea Warnecke

REUTLINGEN. »Passt auf, im Wald um Pfullingen herum sind Drähte gespannt, die darauf abzielen, Biker zu verletzen.« Diese Nachricht hat auf Facebook vor ein paar Jahren für einen Shitstorm gegen Wanderer gesorgt. Der Verfasser gab an, selbst durch solch einen Draht zu Fall gebracht worden zu sein. Nach GEA-Recherchen und Gesprächen mit Polizei und Urheber des Postings zeigte sich jedoch, dass die Angst vor einem bösen Wanderer, der im gesamten Wald um Pfullingen Drähte spannt, unbegründet war. Geklärt werden konnte nicht einmal zu hundert Prozent, warum der Biker wirklich gestürzt war.

Doch zu spät. Das Posting samt Bildern eines kaputten Fahrrads und eines blutigen Taschentuchs erreichte innerhalb weniger Tage mehr als 300 000 Menschen. Tausende teilten den Beitrag, Hunderte kommentierten. Der Streit zwischen Wanderern und Bikern darüber, wer sich im Wald wo bewegen darf, erreichte einen neuen Höhepunkt. Immer wieder machen falsche Meldungen auf Facebook die Runde. Dabei handelt es sich nicht immer um Fake News – oft sind es nur Missverständnisse oder wie im beschriebenen Beispiel Übertreibungen, die dann für ein falsches Bild sorgen, das sich in Windeseile unwiderruflich verbreitet. Deshalb ist es für Journalisten wichtig, in sozialen Netzwerken unterwegs zu sein.

DIE KAMPAGNE

Mit der Kampagne »Journalismus zeigt Gesicht« wollen die baden-württembergischen Zeitungsverlage auf die Bedeutung des Journalismus hinweisen und die Arbeit der Journalisten transparent machen. In der Serie beschreiben wir, wie der Alltag in der GEA-Redaktion aussieht, und erklären, nach welchen Kriterien wir arbeiten. (GEA)

Denn vieles, was auf Facebook gepostet wird, bildet nicht die Realität ab. Und genau da haben wir eine Verantwortung: nämlich diese Dinge richtigzustellen. Wie zum Beispiel, dass die Mitarbeiter der Stadtverwaltung nicht zu faul waren einen Mülleimer zu leeren, sondern dass der Behälter lediglich wegen eines Krankheitsfalls in der zuständigen Behörde überquoll. Oder dass der Mann, der in Orschel-Hagen volle Babywindeln kaufen wollte, kein gefährlicher Perverser ist, sondern laut Polizei lediglich ein nicht gewalttätiger psychisch Auffälliger.

Als Journalisten verbreiten wir Nachrichten, wir ordnen Sachverhalte ein, kritisieren und schreiben über das, was Menschen in Reutlingen und der Region bewegt. Vieles davon spielt sich jedoch nicht in Rathäusern, in Behörden, auf Straßen oder Marktplätzen ab, sondern in der virtuellen Welt.

Manche Diskussionen, wie beispielsweise über die Sinnhaftigkeit von Filtercubes in Reutlingen, werden zuerst auf Facebook geführt. Auch erste Meldungen über Unfälle samt Bildern und Videos finden sich dort, genauso wie 2016 die ersten Hinweise auf einen möglichen Amoklauf in der Reutlinger Innenstadt. Das Filtern von Postings, Kommentaren und privaten Nachrichten hilft uns, Sie noch schneller und aktueller zu informieren.

Facebook gibt uns oft auch einen Eindruck davon, was die Gesellschaft bewegt. Denn viele Themen, die User in sozialen Medien diskutieren, sind nicht die, die Journalisten für wichtig befinden würden. Ob es beispielsweise in Ordnung ist, in der Schule Jogginghosen zu tragen, ob ein Bäcker kostenlos Brezeln an Kinder verschenken sollte oder ob in Münsingen wirklich der WM-Truck der deutschen Fußballer unterwegs war.

Netzwerke wie Facebook ermöglichen es unseren Lesern auch, unkompliziert mit dem GEA in Kontakt zu treten, Fragen zu stellen, Kritik oder Lob zu äußern. Eine Message schreiben ist für viele eben oft bequemer, als eine E-Mail zu formulieren, im Service-Center vorbeizuschauen oder zum Telefon zu greifen.

Natürlich hat diese Art der Kommunikation auch Nachteile. Der Ton, den User auf Facebook untereinander und gegenüber dem GEA anschlagen, ist oft rau. Immer wieder werden wir dann aufgefordert, Diskussionen zu moderieren, Kommentare zu löschen und Verfasser zu sperren. Doch das ist nicht so leicht. Macht man das zu streng, setzt man sich schnell dem Vorwurf der Zensur aus. Deshalb löscht die Onlineredaktion nur Kommentare, die eine Straftat darstellen würden. Das sind laut Polizei: Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, Volksverhetzung, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Bedrohung und Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung einer Straftat. Wenn jemand einfach nur hart an der Grenze seine Meinung vertritt – beispielsweise indem er unter einem Artikel zur Flüchtlingsunterbringung schreibt »Die Gestalten brauchen wir hier nicht« – dann müssen wir das aushalten und stehen lassen. Auch wenn uns Ton und Inhalt nicht gefallen oder verletzen. Denn das Recht auf freie Meinungsäußerung ist in Deutschland genauso wichtig für die Demokratie wie guter Journalismus. (GEA)

www.facebook.com/gea.reutlingen