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Was kann den VfB Stuttgart noch stoppen?

Der VfB Stuttgart schlägt das Bundesliga-Schlusslicht SV Darmstadt 98 am Böllenfalltor trotz einer 45-minütigen Unterzahl mit 2:1 (1:0). Was dieser hart erkämpfte Auswärtssieg mit dem englischen Traditionsclub und langjährigen Erstligisten Stoke City zu tun hat.

Macht den Deckel mit seinem Treffer zum 2:0 in der Nachspielzeit auf die Partie: VfB-Winterneuzugang Mahmoud Dahoud.
Macht den Deckel mit seinem Treffer zum 2:0 in der Nachspielzeit auf die Partie: VfB-Winterneuzugang Mahmoud Dahoud. Foto: Uwe Anspach/dpa
Macht den Deckel mit seinem Treffer zum 2:0 in der Nachspielzeit auf die Partie: VfB-Winterneuzugang Mahmoud Dahoud.
Foto: Uwe Anspach/dpa

DARMSTADT.. Es gibt da eine ganz bestimmte und legendäre Frage, die den potenziellen Top-Mannschaften in der englischen Premier League, der besten Liga der Welt, immer wieder um die Ohren fliegt: »But can they do it on a cold, rainy night in Stoke?« Was das bedeutet? Sinngemäß könnte man sagen: Kann ein Top-Team seine unbestritten hohe individuellen Qualitäten auch an Tag X, fernab von der heimischen Komfortzone in einer ungemütlichen Umgebung bei einem extrem eklig zu bespielenden Underdog abrufen und damit seine wahre Größe zeigen? Mit anderen Worten: Große Teams oder Meisterschaften werden nicht nur in den Spielen gegen die direkten Konkurrenten aus dem oberen Tabellendrittel gemacht oder entschieden, sondern vor allem in den auf dem Papier vermeintlich einfachen Duellen vor fremder Kulisse. Die, so lehrt es die Geschichte, für manchen erfolgsverwöhnten Favoriten immer wieder zur entscheidenden und schmerzhaften Stolperfalle geworden sind. Frage nach bei Borussia Dortmund.

Was das jetzt alles mit dem VfB Stuttgart zu tun haben soll? Gute Frage. Schließlich ist die Elf von Trainer Sebastian Hoeneß weder in der Premier League beheimatet, noch gastierte sie an einem regnerischen Abend im grauen, englischen Stoke-on-Trent. Doch man könnte diese Frage ganz einfach auf den VfB umschreiben: Besteht die Hoeneß-Elf trotz widriger Umstände auch an einem Samstagnachmittag im Februar bei Bundesliga-Schlusslicht und Aufsteiger SV Darmstadt 98? Die Antwort: Ja! Mit 2:1 (1:0) setzten sich die Stuttgarter am ausverkauften Böllenfalltor durch.

Kapitän Anton rettet Keeper Bredlow

Widrige Umstände vor allem deshalb, weil VfB-Rechtsverteidiger Pascal Stenzel in der 22. Minute der Nachspielzeit in der ersten Hälfte - ja, es herrschte wieder Tennis-Atmosphäre aufgrund der nicht enden wollenden Fan-Proteste gegen die Investoren-Pläne der Deutschen-Fußball-Liga (DFL) - nach einem unnötigen Foul an der Mittellinie gegen Darmstadts Marvin Mehlem seine zweite Gelbe Karte gesehen hatte. Plötzlich mussten die Stuttgarter eine ganze Hälfte lang mit einem Mann weniger auf dem Feld agieren. Für die fairste Mannschaft in der Bundesliga war das eine völlig neue Situation, hatte man in den bis dato 25 Saison-Pflichtspielen die Partie immer in Gleichzahl beendet.

Nun waren nicht mehr sehenswerte und technisch feine Kombinationen wie zum Großteil in der bisherigen Saison gefragt, sondern die Grundtugenden des Fußballs. Oder wie es der wieder einmal extrem souverän agierende Stuttgarter Sechser Atakan Karazor treffend formulierte: »Ab diesem Zeitpunkt war uns allen klar, dass es nur mit Kampf geht.« Dabei half es natürlich, dass Top-Torjäger Serhou Guirassy, der gemeinsam mit Deniz Undav wieder die ligaweit gefürchtete Stuttgarter Doppelspitze bildete, in der 14. Minute nach einer Ecke per Kopf mit seinem 18. Saisontreffer die 1:0-Führung erzielte. Doch die Mannen um VfB-Kapitän Waldemar Anton, der den Führungstreffer vorbereitet hatte, erfüllten auch diese Pflicht mit Bravour.

VfB-Sportdirektor Wohlgemuth: »Ein hart erkämpfter Arbeitssieg«

Gleich in mehreren Situationen war dabei auch eine gehörige Portion Glück mit im Spiel, dass die Hausherren trotz einiger sehr aussichtsreicher Gelegenheiten den Ball nicht im Kasten von Stuttgarts Schlussmann Fabian Bredlow unterbrachten. So zum Beispiel in der 59. Minute, als Bredlow, der erneut Stammkeeper Alexander Nübel vertrat, bei einem Schuss des starken Spielmachers Julian Justvan in der 59. Minute Nerven zeigte, die Kugel vor die Füße von VfB-Leihgabe Luca Pfeiffer klatschen ließ, bereits geschlagen schien und nur durch eine Rettungstat von Abwehrchef Anton kurz vor der Linie vor einem folgenschweren Patzer bewahrt wurde.

In der Nachspielzeit machte Winter-Neuzugang Mahmoud Dahoud mit seinem ersten Bundesliga-Treffer seit Januar 2022 den Deckel vermeintlich auf die Partie, ehe Darmstadts Sturm-Joker Aaron Seydel drei Minuten später noch einmal auf 1:2 verkürzte. Im Anschluss musste der VfB noch einmal zittern, doch der an diesem Tag überragende Verteidiger Hiroki Ito klärte wenige Augenblicke vor dem Schlusspfiff eine gefährliche Flanke per Kopf. Schluss, aus und vorbei. Es gibt auch diese Tage: An denen man das Glück auf seiner Seite gepachtet haben muss. Allein beim Jubel nach Dahouds Treffer zum 2:0 erkannte man, was dieser »hart erkämpfte Arbeitssieg« (O-Ton VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth) für Guirassy, Undav, Anton und Co. bedeutete. Was kann diese Mannschaft noch aufhalten? Der VfB Stuttgart hat am Samstagnachmittag seine wahre Größe gezeigt. (GEA)