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Gegentor in der 90. Minute: VfB Stuttgart scheidet aus DFB-Pokal aus

Der VfB Stuttgart liefert dem Bundesliga-Dominator Bayer Leverkusen im DFB-Pokal-Viertelfinale einen großen Kampf, verliert aber auf denkbar schmerzhafte Weise.

Pure Enttäuschung bei VfB-Mittelfeldspieler Mahmoud Dahoud.
Pure Enttäuschung bei VfB-Mittelfeldspieler Mahmoud Dahoud. Foto: Marius Becker/dpa
Pure Enttäuschung bei VfB-Mittelfeldspieler Mahmoud Dahoud.
Foto: Marius Becker/dpa

LEVERKUSEN. Der Pokal-Traum ist vorbei, die Realität hat den VfB Stuttgart schmerzhaft eingeholt. Mit großen Hoffnungen im Gepäck hatte das Team von Trainer Sebastian Hoeneß die Reise ins 375 Kilometer entfernte Rheinland zum favorisierten Bundesliga-Dominator aus Leverkusen angetreten. Wer, wenn nicht dieser so famos aufspielende VfB könnte der Übermannschaft von Bayer-Trainer Xabi Alonso ein Bein stellen und ihr die erste Niederlage im 30. Pflichtspiel der bisherigen Saison zufügen? Diese Hoffnung hatten auch die 3.000 mitgereisten VfB-Anhänger. Doch sie alle kamen nach der 2:3 (0:1)-Niederlage gegen die Werkself zu der bitteren Erkenntnis, dass der Fußballgott am Dienstagabend nicht auf der Seite der Mannen um Stuttgarts Kapitän Waldemar Anton gewesen war.

Nationalspieler Jonathan Tah schockte den VfB mit einem Kopfballtreffer in der 90. Minute zum 3:2-Endstand. »Das tut sehr weh. Auf diesem Top-Level sind Kleinigkeiten entscheidend«, sagte der überragende Abwehrchef Anton nach der Last-Minute-Pleite gegen die Leverkusener, die der VfB zuvor über weite Teile der Partie am Rande einer Niederlage hatte. Es war das vorweggenommene Pokal-Endspiel. Und zugleich dasselbe hochklassige Spektakel zwischen den beiden technisch so fein agierenden Teams wie vor exakt 58 Tagen, als sich der VfB und Bayer beim vermutlich besten Bundesliga-Spiel in der bisherigen Saison mit 1:1 trennten. Die Stuttgarter jagten die Hausherren von Beginn an über den Platz. Sie ließen keinen Zweifel daran, dass sie mit ihrer offensiven und mutigen Herangehensweise auch gegen den Favoriten aus dem Rheinland ihr Glück versuchen wollen. Wieso auch nicht?

Traumstart nach elf Minuten dank Millots Einsatz

Der VfB wirkte deutlich wacher und machte nach elf Minuten den Traumstart perfekt. Anton köpfte nach einer Ecke von Angelo Stiller am langen Pfosten zum 1:0 ein. Die viel wichtigere Aktion ereignete sich aber wenige Augenblicke zuvor. Schließlich kam der Eckball überhaupt nur deshalb zu Stande, weil Stuttgarts Kreativgeist Enzo Millot den Ball nicht verloren gab und an der Torauslinie gegen Alejandro Grimaldo energisch nachgesetzt hatte. »Gut so. Gut so«, rief VfB-Coach Hoeneß seinen Spielern nach 30 Minuten lautstark zu. Der 41-Jährige war zufrieden, das konnte er auch sein.

Es war faszinierend, mit welch breiter Brust sich seine Mannschaft den Hausherren entgegenstellte und den Leverkusener Profis in ihrem Positionsspiel an den Füßen klebte. Genau so knackt man einen solch spielstarken Gegner. Erst nach einer halben Stunde gab die Werkself den ersten Schuss ab – wann hatte es das zuletzt gegeben? –, wurde in der Folge wie erwartet allerdings immer stärker. Erst traf Angreifer Patrik Schick aus einer Abseitsposition ins Tor (40.), dann parierte VfB-Keeper Alexander Nübel einen Freistoß von Grimaldo (42.) und schließlich kam erneut Schick im Fünf-Meter-Raum zu einer guten Einschussmöglichkeit (44.). Die Einschläge kamen immer näher. Doch irgendwie schaffte es der VfB, die 1:0-Führung in die Halbzeitpause zu retten.

Guirassy fehlt, Undav glücklos

Auch direkt zu Beginn der zweiten Hälfte zwangen die Leverkusener dem VfB ihr Power-Play auf. Zwar entschärfte Nübel in der 47. Minute einen Schuss von Schick mit einer starken Parade, doch nur drei Zeigerumdrehungen später hämmerte Bayers zweikampfstarker Mittelfeldspieler Robert Andrich einen Distanzkracher aus knapp 20 Metern unhaltbar unter die Latte. Vermutlich wusste nicht einmal der 29-Jährige selbst, dass sein Fuß zu einem solchen Schuss in der Lage ist. Wie bereits Mitte Dezember hatten die Leverkusener damit direkt nach dem Wiederanpfiff den Ausgleich erzielt. Doch wer dachte, der VfB falle nun in einen kollektiven Schock, wurde eines Besseren belehrt. Nur acht Minuten später traf Chris Führich nach einem Ballverlust der Hausherren im Spielaufbau mit einem Rechtsschuss passgenau ins obere linke Toreck zur erneuten Führung.

Doch die Stuttgarter hatten ihre Rechnung ohne Leverkusens Joker Amine Adli gemacht. In der 66. Minute traf der erst drei Minuten zuvor eingewechselte 23-Jährige nach Vorlage von Florian Wirtz zum 2:2. Torwart Nübel sah in dieser Situation alles andere als glücklich aus. Weiter ging es hin und her. Auch der VfB kam durch seinen glücklos agierenden Angreifer Deniz Undav – Serhou Guirassy fehlte wegen der Reisestrapazen nach dem Afrika Cup und Magen-Darm-Problemen – noch zu einer Chance. Doch kurz vor der Nachspielzeit sorgte Tah für den späten Stich mitten in das Stuttgarter Herz.

Nie war der Weg ins Endspiel leichter

Rekordmeister FC Bayern, Vize Borussia Dortmund oder auch Titelverteidiger RB Leipzig: All diese vermeintlich großen Fische hatten bereits in den Runden zuvor die Segel streichen müssen. Unter den letzten vier Teams verblieben sind nun die Zweitligisten Fortuna Düsseldorf und 1. FC Kaiserslautern, der Sieger aus der Partie am Mittwoch zwischen dem 1. FC Saarbrücken und Borussia Mönchengladbach, der launischen Bundesliga-Diva vom Niederrhein, sowie Leverkusen.

Schon immer stellte der DFB-Pokal den kürzesten Weg zu einem Titel dar. Doch selten war es vermutlich »einfacher« als in dieser Spielzeit, diesen Pfad bis zum großen Endspiel im Berliner Olympiastadion erfolgreich zu bestreiten. Und genau deshalb wird man sich im Lager des VfB Stuttgart doppelt ärgern, dass man der Werkself auf diese schmerzhafte Art und Weise den Vortritt lassen musste. (GEA)